Ein im Swimmingpool dahintreibender Körper reisst eine träge britische Feriengruppe in einem Sommerhaus an der Côte d’Azur aus der Lethargie. Es ist aber nicht wie befürchtet eine Leiche, sondern die quicklebendige 20-jährige Kitty Finch, die sich nackt im fremden Pool treiben lässt. Kittys erster exaltierter Auftritt deutet auf weitere Turbulenzen hin: Die rothaarige, junge Schönheit hat es auf den berühmten, älteren Dichter Joe Jacobs abgesehen. Zusammen mit seiner Frau Isabel, seiner pubertierenden Tochter Nina und einem befreundeten Ehepaar verbringt er hier die Sommerferien.
Isabel bietet Kitty ein Zimmer in der Villa an. Dass ihr Mann ein Auge auf die 20-Jährige geworfen hat, scheint sie nicht ­
zu stören. Denn die engagierte Kriegsreporterin hat sich ihrem Gatten längst entfremdet. Und so nimmt die Geschichte ihren vorhersehbaren Lauf – allerdings tun sich ungeahnte Abgründe auf. Nicht nur die von Essstörungen, Angstneurosen und Depressionen geplagte Kitty scheint psychisch versehrt. Auch hinter der Fassade anderer Hausbewohner schlummern tiefe Verletzungen aus der Vergangenheit. In der flirrenden Sommerhitze tauen die erstarrten Gefühle langsam auf.
Deborah Levy lässt die Leser in ihrem 2012 für den Man Booker Prize nominierten Roman lange im Unklaren. Aus unterschiedlicher Perspektive streut sie Gedanken und Erinnerungs-Bruchstücke der Protagonisten ein. Getarnt als leichter Sommerkrimi mit schrägem Personal gerät Le­vys Roman zusehends zum Psychothriller. Nach den acht Tagen, in denen die Handlung spielt, werden nicht alle wohlbehalten heimkehren, wie es der Titel «Heim schwimmen» suggeriert. Konsequent kreist Levy das Thema der Heimatlosigkeit ein und steuert auf einen fatalen Schluss zu.

Deborah Levy
«Heim schwimmen»
Aus dem Englischen von Richard Barth
168 Seiten
(Wagenbach 2013).