Ein Film wie der aktuelle Ausland-Oscar-Gewinner «Son Of Saul» hat die Diskussion wieder aufkommen lassen: Darf und kann man den Holocaust in Bildern darstellen? ­Einer, der es wissen muss, hat interessanterweise den neuen KZ-Spielfilm gutgeheissen: der Franzose Claude Lanzmann, Jahrgang 1925, Schöpfer des monumentalen und epochalen Dokumentarfilms «Shoah». 

Dieses Panorama des Grauens ist jetzt erstmals in restaurierter Fassung auch auf Blu-ray greifbar. Lanzmann auferlegte sich selber ein «Bilderverbot»: In «Shoah» ist keine einzige historische Aufnahme zu sehen, es wird vollständig auf Archivmaterial verzichtet. Alles, was man sieht, hat Lanzmann gedreht, in einem fast sechsstündigen Projekt, zu dem sich der anfängliche Plan ­eines abendfüllenden Dokumentarfilms ausweitete. 12 Jahre, zwischen 1973 und 1985, hat der Regisseur daran gearbeitet.

«Shoah» ist ein Film über die Vernichtung der europäischen Juden im Zweiten Weltkrieg. Um das Ungeheuerliche darzustellen, wollte Lanzmann die Ereignisse «zum Leben wiedererwecken», die Distanz zwischen Vergangenheit und Gegenwart aufheben: «Es geht um die Vergegenwärtigung der Vergangenheit in der Gegenwart.»

Es gibt keinen Kommentar, keine Off-Stimme. Im Zentrum stehen die realen Orte von heute und die Zeugen, überlebende Opfer und Täter – diese zum Teil mit versteckter Kamera gedreht. So sieht und hört man erschreckende Aussagen von willigen Vollstreckern der Nazi-Todesmaschinerie.  

Shoah
Regie: Claude Lanzmann, F 1985
4 DVD/2 Blu-ray, 566 Minuten
(Arte Edition/absolut Medien 2016).