Er hat ein Flair für Bruchstücke und montiert zusammen, was beim ersten Hinhören nicht zusammenpasst. Matthew Herbert zaubert aus seinem Elektronik­equipment Retro-Grooves aus der Swing- und Schlagerzeit. Er kreiert fiktive Film-Scores aus Naturaufnahmen. Oder er dokumentiert den Soundtrack ­eines Schweinelebens von Geburt bis Schlachtung.

Am Montreux Jazz Festival tritt der 46-jährige Komponist, Produzent und Arrangeur aus England mit seiner Brexit Big Band auf und nimmt sich damit politischer Bruchstücke an. Mit diesem Projekt unterstreicht Herbert die kreative Essenz grenzüberschreitender Zusammenarbeit: Die Brexit Big Band startete 2017 in London, tourt seither in grossen Bögen durch Europa und wird durch Begegnungen mit Musikern, Studierenden und verschiedenen Kulturen paneuropäisch. Damit protestiert Herbert auf originelle Art gegen den Brexit.

Eine pointierte soziopolitische Stellungnahme ist sein wohl bekanntestes Album von 2005: «Plat du Jour» ist ein klingender Protest gegen die Auswüchse der Nahrungsmittelindustrie. Tonjäger und Geräuschesammler Herbert mischte die – wie immer eingängigen, ja tanzbaren – Songs aus Feldaufnahmen, die er in Hühnerfarmen und Fischzuchten, in Schlachthöfen und Grossküchen sammelte.

Als 24-jähriger Student hatte der smarte Brite unter dem Pseudonym Doctor Rockit sein erstes Album mit dem programmatischen Titel «The Music Of Sound» vorgelegt. 2010 machte er Schlagzeilen, als er Gustav Mahlers unvollendete 10. Sinfonie nicht etwa adaptierte, sondern kurzerhand neu komponierte. Matthew Herbert hat fast 30 Alben veröffentlicht. Er arbeitete  mit und für namhafte Musiker wie Björk, Yoko Ono und John Cale.

Konzert
Sa, 30.6., 20.00
Montreux Jazz Festival

CD
Matthew Herbert
Plat du Jour
(Accidental 2005)