Brasilien wird vom Rest der Welt gerne als Land der Musse wahrgenommen, obwohl es gerade wieder in politischen und sozialen Aufruhr geraten ist. Schöne Frauen und Karneval, Caipirinha und Bossa Nova prägten auch die zwei ersten Lebensjahrzehnte des Musikers Chico Buarque. Mit 23 aber musste er sein Land verlassen; die Militärjunta von Artur da Costa e Silva hatte genug vom aufmüpfigen Sänger und Dramatiker.

Buarque, 1944 in eine Intellektuellenfamilie in Rio de Janeiro geboren, hatte mit Karnevalsmusik und sanfter Bossa Nova begonnen. Das Volk liebte seine Hits. Die Diktatur aber verwandelte den erfolgreichen Architekturstudenten: Die Texte wurden kritischer, zudem begann er mit dem Schreiben von Theaterstücken. Das 1967 uraufgeführte «Roda Viva» trieb ihn ins Exil nach Italien. Von dort kehrte er 1970 desillusioniert in die Heimat zurück, konnte seinen Frust aber kreativ umsetzen: Sein 1971 veröffentlichtes Album «Construção» wurde zum Wendepunkt seiner künstlerischen Entwicklung und gilt heute als Wegmarke der brasilianischen Musik.

Die zehn Stücke kommen zwar im beschwingten Puls von Samba und Bossa daher, klingen aber düster und schwer. Buarque besingt Einsamkeit und Exil, Entfremdung und Tod, was von seinem Publikum unschwer auch als Kritik an der nach wie vor herrschenden Diktatur verstanden wurde. «Construção» war ein suitenhaft konzipiertes Album mit inhaltlichen und musikalischen Querverweisen und Zitaten. Es hat auch ausserhalb Brasiliens Musikgeschichte geschrieben.

Chico Buarque hat es kreativen Schub verliehen. Der heute 72-Jährige hat eine Unzahl weiterer Alben eingespielt, zahlreiche Stücke, Romane und Filmdrehbücher geschrieben. 

CD
Chico Buarque
Construção 
(LP: Philips 1971, Universal 2000).

Radio
Fr, 17.6., 23.30 «Jazz classics», SRF 2 Kultur