Es gibt Regisseure, die stets um dieselben Themen kreisen, und solche, die sich mit jedem Film neu erfinden. Den Japaner Hirokazu Koreeda darf man zu beiden Kategorien zählen. Bestes Beispiel ist sein jüngster Film «Monster», ein clever verschachteltes Werk, mit dem der 61-jährige Regisseur nach Ausflügen in französische («La Vérité», 2019) und südkoreanische Gefilde («Broker», 2022) wieder in die Heimat zurückkehrt. Das Kernthema bei Koreeda ist die Patchworkfamilie im Spannungsfeld zwischen Wahrheit und Lüge.

Doch in «Monster» kommt es anders, als man denkt. Im Zentrum steht zunächst der halbwüchsige Minato (Soya Kurokawa), der angeblich von seinem Lehrer Mr. Hori (Eita Nagayama) gemobbt wird. Mutter Saori (Sakura Ando) fackelt deshalb nicht lange und verlangt eine Aussprache. Die Schuldirektorin (Yuko Tanaka) scheint jedoch unfähig zu sein, mehr als formelhafte Sätze abzusondern. Auch die Lehrerschaft ist überfordert. Kommt hinzu, dass Mr. Hori den Spiess umdreht und Minato beschuldigt, seinen Mitschüler Eri (Hinata Hiiragi) zu drangsalieren. Worauf sich Minato einbildet, ein Schweinehirn zu haben und sich kurzerhand aus einem fahrenden Auto stürzt.

Ein Film voller Gerüchte und falscher Fährten

Hirokazu Koreeda hat gut daran getan, diesmal nicht selbst das Drehbuch zu schreiben, sondern auf ein Skript von Yuji Sakamoto zurückzugreifen – es wurde am Filmfestival Cannes 2023 ausgezeichnet. Der Clou: «Monster» wird nacheinander aus der Perspektive der Mutter, des Lehrers und des Sohnes erzählt, bis sich die Erzählstränge immer mehr ineinander verschlaufen und jene titelgebende Monstrosität offenbaren, die allen Figuren innewohnt.

In Koreedas Film geht es um Züchtigungen, Geheimnisse und eine scheue erste Liebe. Vor allem aber geht es um das Aushalten jenes nonkonformistischen Lebensstils, der in Japan praktisch unmöglich ist. Und nein, mehr Gerüchte und falsche Fährten kann man in einem Film vermutlich nicht unterbringen.

Monster
Regie: Hirokazu Koreeda
Japan 2023, 126 Minuten
Ab Do, 25.1., im Kino