Das Verwirrendste ist wohl immer noch der Titel. Sowohl im Roman von Silvia Tschui wie nun auch im Film «Jakobs Ross» von Katalin Gödrös gehts nicht um den Knecht Jakob (Valentin Postlmayr) und auch nicht um sein zwecks gesellschaftlicher Anerkennung ersehntes Pferd. Jedenfalls nicht in erster Linie.

Der Traum von der grossen Welt der Musik

Im Zentrum dieser im 19. Jahrhundert spielenden Emanzipationsgeschichte steht die musikalisch talentierte Magd Elsie (Luna Wedler).

Sie träumt von einer Aufnahme an die Musikakademie in Florenz, von welcher ihr die Tochter des Hausherrn vorgeschwärmt hat. Doch Chancen auf ein Stipendium hat Elsie nicht. Der Industriellenboss vergeht sich an ihr. Ungewollt schwanger wird sie mit dem armen Jakob zwangsverheiratet und samt einer Kuh als Mitgift auf einen schäbigen Pachthof abgeschoben. Da könnten die Träume schon zu Ende sein. Elsie denkt jedoch nicht daran, ihre musikalischen Ambitionen aufzugeben.

Unter Höllenqualen treibt sie ab, fordert von Jakob ihren Anteil des mit der Milch sauer verdienten Geldes, spart für eine Handorgel und bändelt schliesslich mit dem jenischen Wandermusiker Rico (Max Hubacher) an. Die Ferne ist einfach zu verlockend. Allerdings ahnt man zu diesem Zeitpunkt bereits, dass die Redensart «Von nichts kommt nichts» letztlich auf Elsie zurückfallen wird. Sie unternimmt alle Anstrengungen, um dem ihr aufgedrückten Unglück zu entfliehen, bekommt die im Film fast greifbare patriarchale Gewalt aber am härtesten zu spüren.

Da muss man auch als Zuschauer einiges aushalten, zum Beispiel wenn ihr ein entzündeter Zeh bei vollem Bewusstsein abgetrennt wird.

Beherztes Spiel der drei Hauptdarsteller

Merkwürdig bloss: Anders als im Roman verzichtet der Film auf jene gekünstelte Dialektsprache, welche die «WOZ» einst dazu bewog, Tschuis Buch eine «augenzwinkernd überschriebene Gotthelf-Geschichte» zu nennen. Vom Zwinkern ist wenig geblieben. Stattdessen ist es die meiste Zeit zappenduster und todernst in diesem Film.

Das Gebrummel von Max Hubacher versteht man nur mit Mühe, der Nebenstrang um den von Jakob ersteigerten Verdingbuben (Orell Bergkraut) wirkt verschenkt. Aber vielleicht liegt das Hauptproblem des Films ganz einfach am schleppenden Erzähltempo, das einen verzweifelt in alle Ecken schauen lässt, ob nicht doch noch etwas passiert. Dann, als man die Hoffnung schon fast aufgegeben hat, passiert tatsächlich etwas. Die latente Gewalttätigkeit der örtlichen Bevölkerung entlädt sich vor einem Wasserfall gegenüber den Fahrenden.

Da zeigt sich nicht nur die ganze Schäbigkeit der feigen Mannsbilder. Endlich haben auch die Kamera (Sebastian Edschmid) und die Hauptdarsteller etwas zu tun. Allen voran Luna Wedler, Max Hubacher und der bislang eher aus dem Theater bekannte österreichische Schauspieler Valentin Postlmayr. Ohne deren beherztes Spiel würde «Jakobs Ross» nicht funktionieren.

Jakobs Ross
Regie: Katalin Gödrös
CH 2024, 104 Minuten
Ab Do, 18.1., im Kino