Schon früh setzte sich Sarah-Jane Brodbeck mit dem Gedanken auseinander, was werden könnte, wenn sie als Balletttänzerin von der Bühne abtreten würde. Transition, Übergangszeit, nennt sich diese herausfordernde Phase im Leben jeder professionellen Bühnentänzerin gegen 40. «Das war ein grosser Einschnitt», sagt die heute 36-jährige Zürcherin, «und irgendwie beisse ich immer noch daran herum». Dabei hat sich Brodbeck längst ein neues Standbein zugelegt.
«Ich vermisse nicht so sehr die Bühne, sondern den Alltag, den täglichen Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen», sagt sie und meint damit auch den Tratsch und das Lachen an der Stange in den Proben. Über sieben Jahre lang tanzte Brodbeck beim Zürcher Ballett unter Heinz Spoerli, zuletzt als Solistin. Darauf folgten fünf Jahre als erste Solistin beim Royal Swedish Ballet. Danach gönnte sie sich mit ihrem Mann Vahe Martirosyan, den sie im Zürcher Ballett kennengelernt hatte, eine Auszeit in Australien.
«Wir machten beide eine Weiterbildung, merkten aber bald, dass wir nochmals zurück auf die Bühne wollten», erzählt sie. Das Paar verpflichtete sich für drei Jahre am Staatsballett Berlin. Mit 35 Jahren aber befand Brodbeck, es sei genug, und sie trat von der Bühne ab. Doch der Tanz spielt nach wir vor die Hauptrolle in ihrem Leben. Zusammen mit Katharina Lips als Geschäftsführerin gründete Brodbeck als künstlerische Leiterin «Brodbeck & Lips».
«Wir möchten nicht nur Tanzbegeisterte erreichen
Letzten September fand in Zürich zum ersten Mal der Tanzevent «Homage to Ballet» mit Stars der klassischen und neoklassischen Ballettwelt statt. Im Juni gab es, mit grossem Erfolg, eine weitere Veranstaltung in Basel. «Wir möchten mit unseren Veranstaltungen nicht nur Tanzbegeisterte erreichen, sondern auch Leute, die bislang eher wenig mit Tanz anfangen konnten», erklärt Brodbeck und gerät beim Erzählen ins Schwärmen.
So waren die letzten Programme eher kommerziell ausgerichtet. Das sei Konzept, meint Brodbeck, die Show solle nicht zu elitär daherkommen, sondern ein breites Publikum abholen. Deshalb gibt es auch bei der diesjährigen Ausgabe von «Homage to Ballet – A Night with the Stars» ein Rahmenprogramm. Einführungen in Stücke gehören genauso dazu wie Workshops für Erwachsene und Senioren sowie für Tanzschülerinnen und -schüler. «Wir haben so viele Ideen», lacht Brodbeck, «doch Schritt für Schritt, muss ich mir immer wieder sagen».
Neben renommierten Solistinnen und Solisten sind dieses Jahr auch ehemalige Kollegen dabei. Brodbeck ist gut vernetzt in der internationalen Tanzszene und kann für ihre Projekte auch auf Freunde und Freundinnen setzen. Die Ballett-Bubble sei relativ klein, sagt die Zürcherin, was es erleichtere, auch mit grossen Namen ins Gespräch zu kommen. Trotzdem, das Grossprojekt bleibt ein Wagnis.
Homage to Ballet
Fr, 22.9., 19.30 / Sa, 23.9., 19.00
Theater 11 Zürich
www.homagetoballet.ch
Sarah-Jane Brodbecks Kulturtipps
Ausstellung
Amazônia von Sebastião Salgado
«Diese Fotoausstellung über den grössten Regenwald und seine indigene Bevölkerung finde ich eindrücklich. Die Bilder von Sebastião Salgado haben mich sehr berührt.»
Bis So, 24.9., Lichthalle Maag Zürich
Buch
Martin Suter: Melody (Diogenes 2023)
«Das Buch über eine verlorene Liebe und deren Geheimnisse hat mich von der ersten Seite an mitgerissen, sodass ich alles rundum für einen Moment vergass.»
Kabarett
Ursus & Nadeschkin: Im Orchestergraben
«Mit dieser älteren Show ist das grossartige Komikerpaar wieder auf Tournee, und diesmal möchte ich sie nicht verpassen. Zwei tolle Künstler, hier in Kombination mit klassischer Musik, die ich so liebe.»
Fr/Sa, 29.9./30.9., 19.30, Stadtcasino Basel