Ist da etwas wahr? Ist alles nur scheinbar? Diese Fragen stellen sich im neuen Hörspiel von Jens Nielsen. Es geht um Ungewissheiten, um getrübte, gar verschüttete Erinnerungen. Eigentlich ist nichts klar in diesem Spiel. 

Die Titelfigur heisst «Frau» mit Vornamen. Frau Higgins und ihr Mann hatten die Kinder mit Hilfe des Ortsnamenbuchs «Von Aathal bis Zuoz» getauft: «Konstanz» (Constance) und «Beromünster». Ein Mann trägt den Namen Herr Lugano Seiler. Butler Ben (Jodoc Seidel), gleichzeitig Kommentator, heisst wirklich so, auch wenn Frau Higgins ihm wiederholt «Bern» sagt. Frau Higgins wohnt in einer Villa, angeblich. Einmal findet sie zur erhellenden Erkenntnis: «Das sieht hier aus – genauso wie bei mir.» Eine Stimme verlangt von ihr Personalien und die Beschreibung, «wie Sie sich fühlen». Antwort Higgins’: «Aussen Schnee, innen Salamander in Essig.»

Frau Higgins fragt: «Ist das alles wahr?» Eher nicht. Zu fragen wäre, ob im Kapitel 3 («800 Jahre später») das ganze Haus wirklich dermassen durchwachsen ist, dass ein Dschungel entstanden ist, in dem Wurzeln, Moos, Bäume, ein ganzer Wald wuchern. In diesem Biotop können Higgins’ Tochter und ihre Liebe Herr Lugano Tarzan und Jane spielen.

Jens Nielsen legt mit «Frau Higgins» ein reizvolles Verwirrspiel vor um real und surreal. Es bewegt sich am absurden Abgrund und hebt das Medium Hörspiel auf eine Meta-Ebene («Nieder mit der Regie!»). Das Hörspiel vertraut in der Titelrolle auf Irm Hermann, langjährige Darstellerin bei Rainer Werner Fassbinder.

Frau Higgins – Anstelle von Erinnerung
Von Jens Nielsen
Regie: Claude Pierre Salmony
Mi, 11.11., 20.00 Radio SRF 2 Kultur