Lukas Bärfuss ist vieles in einer Person: Bühnenautor, Theaterregisseur, Romanschriftsteller und Dramaturg. Zudem mehrfach preisgekrönt. Dass aus Bärfuss, der aus prekären Verhältnissen stammt, ein Schreibender geworden ist, hat vor allem mit Zufall und Glück zu tun.

Rückblickend schreibt er: «Mit fünfundzwanzig hatte ich weder Ausbildung noch Zeugnisse, dafür hatte ich einen halben Jahreslohn Schulden und den Umgang mit Mahnstufen gelernt.» Bärfuss lebte damals ein ähnliches Leben wie sein Vater, zu dem er kaum Kontakt hatte. Als dieser früh stirbt, bleibt neben den Schulden lediglich eine Kiste zurück.

Erst 25 Jahre später öffnet sie Bärfuss und nimmt deren Inhalt zum Anlass, um über Herkunft und Erbe zu schreiben. Dies tut er auf eine sehr persönliche, aber auch verallgemeinernde Art und Weise. Und kritisiert dabei mit Verweisen auf wissenschaftliche Literatur die enge Verschränkung von Begriffen wie Familie, Herkunft und Eigentum.

Er stellt klar, dass diese Engführung nicht zufälliger Natur ist, sondern bestimmten gesellschaftlichen Interessen dient: «Über die Privilegien entscheidet die Herkunft, die nationale, die kulturelle und die familiäre. Diese Zugehörigkeiten sind entscheidend und geregelt.» Der vorliegende Band ist ein flammendes Plädoyer für mehr Gerechtigkeit und eine längst überfällige Reform des Erbrechts.

Buch
Lukas Bärfuss - Vaters Kiste – Eine Geschichte über das Erben
96 Seiten (Rowohlt 2022)