«Politik in der Türkei kann zwar sehr blutig sein. Trotzdem bleibe ich, weil ich hierher gehöre», sagte der 67-jährige Zülfü Livaneli jüngst in einem Interview. Der Autor und Musiker ist ein Kämpfer für Freiheit und Demokratie. In den 70ern sass er im Gefängnis und lebte jahre­lang im Exil. Heute vertritt er als Parlamentarier seine Wählerschaft und ist als Uno-Botschafter unterwegs.

Er schert sich einen Deut um Tabus – um aktuelle wie historische. Im Roman «Serenade für Nadja» kehrt der 87-jährige Harvardprofessor Maximilian Wagner nach 60 Jahren nach Istanbul zurück. Als Deutscher hatte er 1939 bis 1943 an der Istanbuler Universität gelehrt. Nun will er noch einmal an den Ort fahren, wo 1942 das Schiff Struma sank: mit 762 jüdischen Flüchtlingen an Bord – unter ihnen seine Frau Nadja. 

Das alles weiss die 36-jährige Maya Duran nicht. Die Assistentin an der Universität Istanbul hat den Auftrag, den Besucher aus den USA zu begleiten. Nach und nach erfährt sie mehr vom Leben des Professors, von der Rolle der Türkei im Zweiten Weltkrieg, aber auch vom Schicksal ihrer eigenen Familie und fragt sich: «Warum tat sich in diesem Land immer so viel Rätselhaftes? Wo man einen Stein aufhob, einem Menschen begegnete, eine Akte öffnete, bekam man es mit einem Geheimnis zu tun.»

Zülfü Livaneli packt viele historische Fakten in sein Werk. Er verknüpft dabei die Vergangenheit geschickt mit dem heutigen Leben in Istanbul. So verkommt die Handlung nie zur trockenen Geschichtsschreibung, sie bleibt   spannend von der ersten bis zur letzten Seite.    

Konzert
Do, 1.5., 20.30 Stadtcasino Basel

Zülfü Livaneli
«Serenade für Nadja»
Aus dem Türkischen von Gerhard Meier
226 Seiten
(Klett-Cotta 2014)