«Was man jetzt noch tun kann» ist Langeneggers fünfter Roman im Salzburger Verlag Jung und Jung. Sein erstes Werk «Hier im Regen» erschien 2009, nachdem Langenegger von Juror und Schriftsteller Alain Claude Sulzer zum renommierten Bachmann- Wettbewerb eingeladen worden war. Neben seiner Arbeit als Romanautor ist der 42-Jährige Drehbuchschreiber beim Schweizer Tatort sowie Verfasser von mehreren Theaterstücken.
Mit sämtlichen Ingredienzien
Aufgrund dieser Erfolge waren die Erwartungen an Langeneggers Roman hoch. Tatsächlich enthält «Was man jetzt noch tun kann» sämtliche Ingredienzien, die einen gelungenen und tiefschürfenden Roman in der literarischen Tradition eines Albert Camus oder Jean-Paul Sartre ausmachen: Da ist Manuel Keller, ein junger Mann, der aufgrund des plötzlichen Tods seines Vaters aus einer langwierigen Lethargie gerissen wird. Er muss Verantwortung für das verbliebene Unternehmen übernehmen, wird dieser mehr oder weniger auch gerecht und wird am Ende, nach all den Irrungen und Wirrungen, ein anderer.
Was psychologisch interessant ausgeleuchtet, nah an den Figuren und deren Motivationen erzählt werden könnte, gerät hier aber zu einem überkonstruierten Roman. Enttäuschend sind dabei nicht nur die dramaturgischen Schwächen, sondern auch die Eindimensionalität der Figuren. Im anfänglichen Prolog und im ersten Kapitel kommen zwar Spannung und Tiefgang auf, doch verliert sich beides im Laufe des Textes.
Der Protagonist bleibt wenig greifbar
Der lakonisch erzählte Stoff mäandert vor sich hin, nimmt diesen und jenen Faden auf, führt einiges zusammen, aber nur ansatzweise. Fragwürdig ist auch der Umgang mit Motiven: Das von Be- ginn an etablierte Ohr- geräusch der Hauptfigur Manuel bleibt beispielsweise lange Zeit nur behauptet. Erst auf Seite 223 kommt es zu einer Art Selbstbefragung des Protagonisten.
Von Anfang bis Ende bleibt Manuel ein Mann ohne Eigenschaften, denkt sich mal hierhin, mal dorthin und wirkt als literarische Figur wenig greifbar. Auch was die Handlung angeht, tauchen immer wieder einzelne Figuren auf, die zwar kurzfristig Spannung und Neugier erzeugen, der Romanhandlung auf Dauer jedoch wenig hinzufügen.
Selbst Manuels Freundin Sonja, in die er, so könnte man meinen, auch verliebt ist, wird im Laufe der Geschichte zu einer blossen Pappfigur. Auch die zahlreichen Dialoge im Text wirken mitunter ungelenk: «Du weisst nicht, wer du bist, Manuel. Was du willst.» «Ich kann nichts dafür, dass mein Vater gestorben ist.» «Du musst diese Firma nicht übernehmen.» «Ich will aber!»
Meisterwerk oder missglückter Roman?
Umso verwunderlicher, wenn Alain Claude Sulzer diesem Roman den Stempel «Meisterstück » aufdrückt: «So ein glänzendes Stück, so präzise Beob- achtungen, so elegante Sätze, so ungekünstelte Dialoge […] – und so viel unverkrampfter Humor. Das ist ein Meisterstück. » Wie unterschiedlich ein Roman rezipiert werden kann. Um sich ein eigenes Bild zu machen, sei die Lektüre dieses Buches unbedingt empfohlen.
Lorenz Langenegger - Was man jetzt noch tun kann
272 Seiten (Jung und Jung 2022)