Die Thematik ist so düster wie der Titel. Und zum Einstieg pfeifen denn auch Schüsse um den Martinsturm des Basler Münsters. Doch «Verfluchter Krieg» ist auch in der kriegskontaminierten Gegenwart erträglich. Denn das wirklich mörderische Tun ist fern im Hörspiel von Lukas Holliger, der seinen Ex-Polizisten Heiner Glut mit Machenschaften des serbischen Geheimdienstes konfrontiert. Diese wirken sich vom umkämpften Balkan des Jahres 1992 bis nach Basel aus.

In der dortigen «Bank für internationalen Zahlungsausgleich» nämlich ist serbisches Gold gelandet, was um jeden Preis verheimlicht werden soll – auch mit gezielten Schüssen auf einen Polizisten im Münsterturm. Wer Lukas Holligers neues Hörspiel hört, wird also von 30 Jahren Abstand geschützt. Der 52-jährige Basler Autor setzt auf entsprechend nostalgische «JöhEffekte» und entschärft so die brenzlige Situation von damals. Protagonist Glut etwa tätigt einen dringenden Anruf aus einer Telefonzelle mit Münzautomat.

Sein Kollege Simon Isler prahlt mit seinem «Natel C», das er für «sagenhaft günstige 1980 Franken» gekauft habe. Eingespielt als Radio- oder TV-Stimmen erklingen Bundeskanzler Helmut Kohl oder Bundesrat Arnold Koller. Denn es ist Sonntag, der 6. Dezember 1992, der zum Schicksalstag der Schweizer Politik mit Auswirkungen bis in die Gegenwart wird, weil der Beitritt zum EWR von 50,3 Prozent des Stimmvolks abgelehnt wird. Lukas Holliger verknotet diesen politischen Kampf mit dem fernen Balkankrieg, was etwas gekünstelt wirkt.

Dylan, Bowie und verstaubter Discopop

Überhaupt spielt der Krieg, so zynisch das klingen mag, eine Nebenrolle im SRF-Radiokrimi. Weit wichtiger ist das mit Schwung und Witz inszenierte Zeitbild der frühen 1990erJahre. Nebst Münztelefonen, Natels oder Minidisc-Recordern gibt es haufenweise Anspielungen auf Politik und Zeitgeist.

Im Soundtrack flackern Dylan und Bowie auf, verstaubter Discopop oder die unsäglichen Digitalgemenge aus jaulenden Saxofonen, pochendem E-Bass und wolkigen Synthieteppichen, die TVKrimis wie «Tatort» oder «Der Alte» durchtränkten. Der Soundtrack ist omnipräsent und macht das Stück mit permanent mehreren Sprechern zum rasant und dicht collagierten Hörcomic. «Verfluchter Krieg» ist also nichts für Hörer auf der Suche nach Entschleunigung.

Der einstündige Krimi ist derart turbulent und skurril, dass sich selbst die Hauptfigur Heiner Glut zuweilen fragt: «Ist dies alles nur ein Traum?»

Verfluchter Krieg
Von Lukas Holliger; Regie: Mark Ginzler
Sa, 2.12., 20.00 SRF 2 Kultur
www.srf.ch/audio