Expressionismus und Nationalsozialismus – geht das zusammen? Für den deutschen Maler Otto Andreas Schreiber (1907–1978) schon, der sich in jungen Jahren vehement für die Avantgarde einsetzte. Ein neuer Bildband erinnert an diesen ungewöhnlichen Gestalter, dessen Laufbahn vom Nationalsozialismus geprägt wurde. 

Er konnte allerdings erst in der Nachkriegszeit sein künstlerisches Potenzial voll ausschöpfen. Immer wieder wurden seine Werke in den 30er-Jahren verboten, immer wieder fand er bei einschlägigen Staatsstellen Unterstützung. Er selbst versuchte, sich und seiner Familie unter der Fuchtel der Diktatur ein Auskommen zu sichern, und nahm dafür wie zahlreiche andere die Anpassung in Kauf. Das führte nach dem Krieg dazu, dass Schreiber kaum wahrgenommen wurde und er sich der Religion zuwandte. 

Der Bildband dokumentiert, wie breit das Werk des Künstlers war – von expressionistisch inspirierten Gemälden bis zum Gegenständlichen mit einem durchdachten Farbenspiel. «Farbe bedeutet Schreiber viel. Er nutzt sie weniger als Eigenschaft des Bildgegenstands denn als Ausdrucksträger und stimmungshaftes Bindemittel», heisst es in dem Buch. Schreiber verstand sich auch auf das hervorragende Erfassen von Menschen, sei es in Porträts oder in Szenen. Der Maler hielt mit präzisem Strich stilsicher die markanten Wesenszüge fest, wie etwa ein verschlossener Ausdruck bei Landleuten, die ihm begegneten. Oder die düstere Welt von Kriegsversehrten. Bei all dieser Kunst spürt der Betrachter, dass hier ein Getriebener am Werk war, der vor allem den Schattenseiten des Lebens zuneigte. Allerdings leuchten immer wieder lebensfrohe Motive auf, wie bei dieser «Frau mit Vogel» (1955). 

Buch
Konrad Donhuijsen und Rosemarie Donhuijsen-Ant, Hsg.
«Otto Andreas Schreiber, ein Malerleben» 
239 Seiten
(Wienand 2015).