Das Drehbuch zu «Ku’damm 56» stammt von Annette Hess. Sie hatte sich schon mit ihrer DDR-Serie «Weissensee» bestens empfohlen. Auch hier, wo es um eine Familie im Nachkriegs-Berlin der 1950er-Jahre geht, gelingen ihr glaubwürdige Figuren. Sie agieren in einer Geschichte, die nach und nach die Schattenseiten im Wirtschaftswunderland offenbart – ein hervorragendes Zeitbild.

Im Institut «Galant» von Caterina Schöllack (Claudia Michelsen) lernt man nicht nur richtig tanzen, es geht auch um gute Manieren. Für ihre drei Töchter will sie nur das Beste, das heisst je eine gute Partie. Helga verkuppelt sie erfolgreich mit einem ehrgeizigen Juristen, der heimlich Männer liebt. Die Krankenschwester Eva ist in ihren Chef (Heino Ferch) verliebt. Noch weiss sie nicht, dass er einst KZ-Arzt war. Jetzt versucht er, per Elektroschock Helgas Mann von seiner Homosexualität zu heilen. Monika, die Jüngste und eine graue Maus, wird rebellieren. Ihr Heilmittel heisst Rock ’n’ Roll (samt dazugehörigem Musiker Freddy).

Neue Epoche

Der Vater beziehungsweise Ehemann ist gar nicht im Krieg verschollen. Er lebt – in der gleichen Stadt, nur in einem anderen Deutschland, aus Überzeugung. Und auch dies: Das Familienunternehmen ist weniger traditionsreich, als Patronin Caterina angibt, denn die Tanzschule hatte einst jüdische Besitzer. Monika findet ein Foto, auf dem die Mutter an der Seite von Hermann Göring posiert.

Das Alte, Prüde, Strenge, die Doppelmoral – diesem lebensfeindlichen Korsett macht der Anbruch einer neuen Epoche bald den Garaus.

DVD
Ku’damm 56
Regie: Sven Bohse
ZDF 2016, 
280 Minuten
2 DVDs
(Universum 2016).