Olten beheimatet nicht nur überproportional viele Kultur-Trümpfe, sondern auch das älteste Satirefestival der Schweiz. Stars wie Horst Evers, Patti Basler und Simon Enzler stehen an den diesjährigen Oltner Kabarett-Tagen auf dem Programm. Sogar der Salzburger Stier wird diesmal in Olten verliehen. Den Schweizer Muni nimmt Dominik Muheim nach Hause, und den Schweizer Kabarett-Preis Cornichon bekommt Bänz Friedli verliehen.

Das Nachwuchs-Casting gilt als wichtiges Sprungbrett für Kabarettisten. In den Vorrunden haben sich drei Kabarett-Küken für das Finale qualifiziert. Sie kämpfen um 10'000 Franken, ein einjähriges Coaching, einen Bühnenplatz bei den Kabarett-Tagen 2025 – und nicht zu vergessen: das Nachwuchs-Gürkliglas.

Samuel Kilian, der frotzelnde Musikant

Samuel Kilian bedient alle Kanäle. Auf Instagram gibt er mal den betrügerischen Influencer, der sich Follower ertrickst, mal bastelt er sich selber ein Film-Intro im Stil der 20th Century Studios, das er mit schiefen Blockflötentönen unterlegt. Auf der Bühne haut er gekonnt in die Klaviertasten und singt dazu über das Bouldern, seinen kettenrauchenden Nachbarn oder erfolglose Tinder-Erfahrungen.

Kilian beschreibt Menschen, die jeder kennt, und trifft dabei oft ins Schwarze. Die Rhein-Neckar-Zeitung nennt ihn eine lässigere Bodo-Wartke-Inkarnation. Kilian kann aber nicht nur Klavier, sondern auch romantische Gitarre und Ballermann-Musik. Eigentlich ist Kilian Statistiker, Mitte März promovierte er, was er mit einem bubenhaften «Ich bin jetzt Doktor mit einer coolen Mütze»-Song kundgab. 2022 trat er mit seinen Liedern zum ersten Mal öffentlich in seiner Heimatstadt beim Heidelberger Kulturfenster auf.

Seither tourt er durch Deutschland und möchte nun auch in der Schweiz Fuss fassen. Kilian überzeugt durch seine musikalischen Fähigkeiten, aber auch dadurch, dass er sich selbst weder ernst nimmt noch für irgendetwas zu schade ist.

Pesche Heiniger, der gmögige Sprachakrobat

Pesche Heiniger ist der Urchigste der diesjährigen drei Casting-Finalisten. Auf Mani Matters Spuren wandelnd, verfängt er sich – mal poetisch, mal albern – gemeinsam mit dem Publikum in den Irrungen und Wirrungen seines Emmentaler Dialekts. Mit dem Terracotta Forellenquintett übersetzt er bärndütsche Ausdrücke wortwörtlich in andere Sprachen:

«Äs isch mer Ärnst – Esto es mi Ernesto – Todärnst – Ernesto muerte». Letztes Jahr gelang Heiniger der Sprung ins Finale der Kabarett-Tage noch nicht. Nun hats geklappt. Der 43-Jährige tritt seit 11 Jahren als Slam-Poet, Spoken-Word-Künstler und Liedermacher auf. Den Sprachbildern bleibt er auch in seinen Comics treu, die er auf Instagram zeigt. Da ist etwa ein Mann, der wütend am Boden kniet, Totenköpfe und Blitze flucht und einen Baum ohrfeigt.

Darüber steht: «Wurzeln schlagen». Der Emmentaler, der sich selbst gern auf der Zigarrenbox-Gitarre begleitet, überzeugt mit seiner sonoren Stimme, dem lautmalerischen Erzählstil, dem guten Gespür für Pausen und gepflegten Sprachblödeleien wie dieser: «Das ischd Gschicht vom truurige Fischhändler. Die heisst: Der traurige Fischhändler: Der Fischhändler war ein wenig traurig. Niemand kaufte seine Rochen. Da sie rochen.»

Mary Long, die ehrliche Auswanderin

Mary Long nimmt kein Blatt vor den Mund. Die 43-jährige Baselbieterin ist der Liebe wegen nach München ausgewandert und kokettiert jetzt in bayerischen Vereinsheimen mit ihrem «helvetischen Hintergrund», Schweizer Klischees und sprachlichen Missverständnissen. So beschreibt sie etwa, wie sie – neu in Bayern angekommen – an einer vollen Windel roch und sagte: «Das schmöckt ned guet.»

Die Drogistin, Masseurin und Ernährungsberaterin war schon Gast in der SRF-Radiosendung «Satire-Fraktion», wo sie anlässlich einer Bundeshaus-Debatte zum Mindestwahlalter werweisste, ob es nicht auch ein Höchstwahlalter bräuchte. Seit 2016 ist sie Kolumnistin für die Oberbaselbieter «Volksstimme» und seit 2017 als Slam-Poetin auf Kleinkunstbühnen unterwegs. Die quirlige Frau scheut sich nicht, Wortverwirrungen wie «blaue Mösen» oder «Schweizer Schwarzgeld» zu verballhornen.

Ihre Hauptinspiration ist ihr Alltag als Zugezogene und Mutter, die auch über ihren unperfekten Haushalt lachen kann, wenn sie sagt: «Bi mir chasch vom Bode ässe. Wirsch sogar satt debii.» Ihr Timing ist auf Mundart sicherer als auf Hochdeutsch, der Humor angenehm alltagsnah und befreit. Eine starke Kabarettistin, die sowohl im Bierzelt als auch vor dem roten Samtvorhang eine gute Figur macht.

Oltner Kabarett-Tage
Mi, 22.5.–Sa, 1.6.
Diverse Orte Olten SO

Casting-Finale
Di, 28.5., 20.00 Schwager Theater Olten
www.kabarett.ch