Als ihm sein Sohn einen Spaziergang vorschlägt, um auf andere Gedanken zu kommen, explodiert Senior Raymond: «Ich brauche keine anderen Gedanken, meine funktionieren noch sehr gut!» Sohn Frédéric, der beruflich Seminare in positivem Denken anbietet, ist anderer Meinung und will seinem Vater, der die Welt im freien Fall zum Untergang sieht, das Schöne zeigen.

Die Ausgangslage, die Michael Stauffer (49) für sein neues Hörspiel «Immer volles Feuer» wählt, ist durchaus zeit­gemäss und brisant, nur dass er die Vorzeichen quasi umdreht. Der Alte sieht die Welt in Flammen, der Junge lenkt ab und schaut weg. Doch dem Winterthurer Autor und Slam­poeten geht es hier nicht um die Darstellung oder Analyse einer soziopolitischen Debatte. Vielmehr lässt er die Problemstellung ver­puffen und die begonnene Handlung alsbald zer­bröseln. Raymond schreibt einen Wettbewerb aus, um «das Gute und Schöne im Leben» zu küren. In der Folge treten auf: eine Anwältin, eine Bäckerin und deren Tochter, die sich alle sukzessive in einen dadaistischen Reigen steigern, der irgendwann den alten Raymond nach Luft schnappen lässt: «Was ist denn hier los?»

Liebhaber der Stauffer’schen «Sprach-­Avantgarde» werden sich sein neues Hörspiel mit Genuss reinziehen. Neulingen sei es als 45-minütiger Einstieg mit jederzei­tiger Umschaltmöglichkeit empfohlen.

Immer volles Feuer
Von Michael Stauffer
Regie: Johannes Mayr, Michael Stauffer
Sa, 30.4., 20.00 SRF 2 Kultur