«Bestand einer nicht genauso aus dem, was er nicht gelebt hatte, wie er aus dem bestand, was, durch Zufall, seine Wirklichkeit geworden war? Und erfand man sich dazu eine Geschichte, die man für sein Leben hielt? War er all die Jahre um diese gekreist wie um ein unsichtbares Zentrum?» So heisst eine zentrale Stelle im Buch «Paris. Erste Liebe» von Urs Faes. In der Erzählung aus dem Jahr 2012 thematisiert der Aargauer Autor mit Jahrgang 1947 die Uneindeutigkeit, das Ungewisse, Fragen von Erinnerung und Wahrnehmung.

Festgemacht wird es an der Geschichte von Eric, dem Philosophiestudenten, der seine Liebe, Claudine, in Paris besucht. Aus ihrer Liebe wird nichts werden. 30 Jahre später streift Eric wieder durch die Strassen von Paris – «Paris ändert sich. Doch nichts in meiner Erinnerung hat sich bewegt». Es gilt: «Die objektive Erinnerung gibt es nicht.» Die Erinnerung erscheint wie «Bilder hinter beschlagenem Glas».

Paris, die Stadt der Liebe, wird zum Klangraum. Die wechselnden Stimmen von Joel Basman und Robert Hunger-Bühler übernehmen den Part von Eric, sich manchmal verdoppelnd in einer Art Nachhall. Sätze, eingebettet in Stadtgeräusche.

Urs Faes: «Im Hörspiel wird das Schwebende, auch bruchstückhaft Zufällige jeder Wahrnehmung offensichtlich. Aber eben auch der Erinnerung, die gesichert scheint und sich als Fiktion erweist, als (…) nachträglich (und vielleicht gar willkürlich) geformt.» Sie bleibt im Raum, die Frage: Was wird wirklich gesehen, erlebt, was ist eingebildet?    

Paris. Eine Liebe
Hörspiel von Urs Faes
Bearbeitung und Regie: 
Jean-Claude Kuner
Sa, 7.3., 21.00 Radio SRF 2 Kultur