Im Knast
Eintönig und einsam: Den Alltag in einer Strafanstalt schildert Sabina Altermatt in ihrem vierteiligen Hörspiel «Schwimmen lernen» auf packende Art.

Aram will seine Freundin anrufen, die das gemeinsame Kind zur Welt bringt. Gar nicht so einfach: Aram sitzt im Gefängnis und findet bei den Aufsehern kein Gehör. Denn in der Küche, wo er arbeitet, fehlt ein Rüstmesser. Und solange dieses nicht auftaucht, gibts auch kein Telefonat. Für ihr neues Hörspiel hat sich Sabina Altermatt hinter Knastmauern gewagt. Ein Projekt, das aus ihrer Erfahrung als Deutschlehrerin in Gefängnissen gewachsen ist. Den Text hat sie gemeinsam mit einem Insassen geschrieben. Doch die in Zürich lebende Churer Autorin erzählt nicht nur die Geschichte von Aram, Küchenchef Rado, der erstmals seine Brieffreundin Roswitha trifft, oder Valmir, der seine sterbende Mutter besuchen will. Altermatt erweitert den Text zur Doku-Fiction, indem sie Zitate aus Interviews einfügt, die sie mit Gefangenen führte. Diese Originaltöne schaffen Authentizität, Tiefe, auch Humor. «Ich hole hier meine Kindheit nach und schaue die Mangaserie ‹Dragon Ball› », sagt einer der Interviewten. «Als Kind hatte ich keine Zeit dafür, war immer auf der Suche nach einem besseren Leben.» Ein anderer sagt: «Ich bin selbst schuld an meinem Hiersein.» Doch auch Systemkritik ist zu hören: «Das Gefängnis ist nicht mehr zeitgemäss. Niemand ist zuständig, aber alle reden drein.» Die oft rasante Montage der Erzählstränge und des pulsierenden Soundtracks macht «Schwimmen lernen» zum packenden, informativen, berührenden Hörstück. Der Titel entstammt einer Aussage des Pöschwies-Direktors Andreas Naegeli: Die Resozialisierung funktioniere wie Schwimmen lernen in einem Becken ohne Wasser.

Schwimmen lernen
Regie: Karin Berri
4 Teile ab 15.8. jeweils Mo, 14.00 SRF 1