Protokoll einer Mörderin

«Ich bin im Zustand der Gnade. Ich töte. Ich bin.» Das lässt die verwahrte 26-jährige Mörderin Kari Selb ihre Gerichtspsychologin wissen. In einem Monolog erzählt sie ihr Leben – von der Kindheit, die von Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch geprägt war, von den ersten Brandstiftungen als 12-Jährige und den späteren Frauenmorden.

Mit dem Roman «Angeklagt» hat Mariella Mehr 2002 ihre radikale Trilogie abgeschlossen. Ihr Werk ist ein eindringliches, zutiefst verstörendes Protokoll einer Frau, die sich rächt und die erfahrene Gewalt nach aussen kehrt. Mehrs inzwischen vergriffener Roman ist ein sprachliches Meisterwerk: Von den unfassbaren Ereignissen berichtet ihre Protagonistin anfangs scheinbar unbeteiligt, doch je mehr Erinnerungen hervorbrechen, desto mehr entflammt ihre Wut – bis sie sich nur noch in rauschhaften Satzfragmenten äussern kann und die Gewaltfantasien sich nicht mehr zähmen lassen. Schauspielerin Susanne-Marie Wrage aus dem Ensemble des Schauspielhauses Zürich liest den Roman.

Mariella Mehr
Angeklagt
3 CDs, 191 Minuten
(Der gesunde Menschenversand 2014).