Um eine Antwort ist der alte Hunkeler nie verlegen – selbst wenn er nach einer Operation im Spital erwacht, bärbeissiger denn je. Sein Zimmergenosse, der ehemalige Bankdirektor Fankhauser, geht ihm mit seinem ständigen Geschwätz gehörig auf den Geist. Das bringt der Ex-Kommissär unmissverständlich auf den Punkt: «Sie nerven. Schweigen Sie endlich.» Doch der andere gibt keine Ruhe, und die alten Männer liefern sich einen amüsanten verbalen Schlagabtausch. 

In der Nacht taucht eine unbekannte Krankenschwester auf und gibt Fankhauser eine Spritze. Am nächsten Morgen ist der Banker verstummt – für immer. Und Hunkelers Spürsinn ist geweckt, erst recht, als ein zweiter Banker ermordet wird. Während seine Ex-Kollegen im Kreis der Alt-68er nach den Schuldigen suchen, verfolgt er eine andere Fährte. Diese reicht bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurück, als die Basler sich der vom Bund vorgegebenen Flüchtlingspolitik widersetzten. 

Schreiben schützt den 75-jährigen Hansjörg Schneider vor Depression, wie er in einem Interview mit der «Tageswoche» sagte. Viel vom brummigen, aber menschlichen Kommissär steckt in ihm selbst. Sein neuer Roman ist diesmal eher ein stimmiges Hunkeler-Porträt als ein Krimi. Die Leser begleiten den Pensionierten in sein Haus im Elsass, wo er die Hühner füttert, nächtelang historische Sachbücher liest und mit seiner geliebten Hedwig gut essen geht. Plötzlich taucht noch die 18-jährige Enkeltochter auf und bringt das Leben ihres «grand-père» durcheinander – nicht nur mit dem Kauf einer bockigen Ziege. Und der Fall? Dieser rückt angesichts des Familientroubles etwas in den Hintergrund – und endet in einem dürrenmattschen Finale. 

Hansjörg Schneider
«Hunkelers Geheimnis»
208 Seiten
(Diogenes 2015).