Eine Schrifttafel am Anfang des Films informiert darüber, dass 20 Prozent aller Morde in Frankreich unaufgeklärt bleiben. Der Fall, um den es in «La nuit du 12» geht, gehört dazu. In der Nacht des 12. Oktobers 2019 wird in einer Kleinstadt in der Nähe von Grenoble eine junge Frau auf dem Heimweg von einer Party mit Benzin übergossen und angezündet. Sie verbrennt bei lebendigem Leibe. Ein grauenvoller Fall. Der Film von Dominik Moll basiert auf diesen wahren Begebenheiten.

Der deutsch-französische Regisseur («Harry, un ami qui vous veut du bien», «Seules les bêtes») adaptiert dabei einen Roman von Pauline Guéna – «aber nur etwa 40 der über 500 Seiten», wie er sagt. Er hat mit Co-Drehbuchautor Gilles Marchand einen eigenen Zugang für die filmische Umsetzung gewählt. Diese ist gleich mehrfach mit dem französischen Filmpreis «César» ausgezeichnet worden, unter anderem für den besten Film und die beste Regie.

«La nuit du 12» ist ein Film noir, ein Thriller, der nicht reisserisch oder actiongeladen sein muss, der atmosphärisch tief eintaucht in die mühsame Polizeiarbeit. Er zeigt, wie die Ermittler hadern, fast verzweifeln, wie sie nie aufgeben. Einer von ihnen steht im Zentrum: Yohan (Bastien Bouillon), der neue Chef der Kriminalpolizei, pflichtbewusst und empathisch. Einsam dreht er abends seine Runden auf der Radrennbahn. «Wie ein Hamster», sagt einmal sein älterer Kollege Marceau (Bouli Lanners).

Ob er nicht lieber draussen auf der Strasse Velo fahren wolle? Die Ermittlungen lassen in Abgründe blicken, mehrere Verdächtige geraten ins Visier. Der Mord lässt vor allem Yohan keine Ruhe. Doch auch nach Jahren bleibt der Fall ungelöst. Und die Seele von Yohan unerlöst. Immerhin findet er am Schluss zu seiner Art von Befreiung: Er verlässt die Radrennbahn und erklimmt mit dem Velo den Col de la Croix de Fer.

La nuit du 12
Regie: Dominik Moll F/B 2022, 114 Minuten
Ab Do, 18.5., im Kino