Zuerst stand sie unter der Fuchtel ihres Vaters, dann wollte ihr Mann sie an sich binden. Aber die junge Pianistin und Komponistin Clara Schumann (1819–1896) verstand es, sich selbst zu behaupten und als Musikerin ihren eigenen Weg zu gehen. Ihre Geschichte ist im neuen Band «Scharfsinnig wie ein Adler und mutig wie ein Löwe» (ein Zitat von Friedrich Nietzsche) der Münchner Publizistin Andrea Brill nachgezeichnet.

Frauen, die sich ihrem Metier verschrieben

Die Autorin hat die Biografien von zehn wegweisenden Frauen ausgewählt, um deren Kampf für Eigenständigkeit zu dokumentieren: Darunter finden sich bekannte Persönlichkeiten wie die Churer Porträtistin Angelika Kaufmann (174–11807) oder die legendäre Pariser Modedesignerin Coco Chanel (1883–1971).

Andere kennt man weniger, zum Beispiel die russisch-französische Autorin Lou Andreas-Salomé (1861–1937) oder die israelische Architektin Genia Awerbuch (1909–1977). Gemeinsam ist ihnen, dass sich jede «von Zwängen unterschiedlichster Art befreit hat». Und dass sie sich alle ihrem Metier vollkommen verschrieben haben. Am spannendsten lesen sich die Lebensläufe von jenen Frauen, deren Schicksal wie im Fall von Clara Schumann zwischen gesellschaftlichen Normen und persönlichen Ambitionen schier unentwirrbar verstrickt erscheint.

Schumann feierte in den Wintermonaten 1838 ihren Durchbruch als Pianistin. Unter dem dominierenden Vater leidend, muss die junge Clara die Liebschaft mit dem Musiker Robert Schumann als Befreiung erlebt haben. Doch der Alte stellte sich quer, und die beiden jungen Leute konnten erst nach juristischen Querelen heiraten.

Acht Kinder und ein angeschlagener Gatte

Solche Verhältnisse sind heute Vergangenheit. Nicht aber das, was danach geschah: Clara Schumanns Beziehung zu ihrem psychisch angeschlagenen Gatten war spannungsgeladen. Das Paar hatte zudem acht Kinder, was ihre künstlerische Entfaltung kaum beförderte. Gesellschaftliche Zwänge versus Freiheitswillen auch bei Lou Andreas-Salomé:

Die heute fast vergessene Autorin wuchs in grossbürgerlichen Verhältnissen in St. Petersburg auf und studierte in Zürich Religionswissenschaften. Ihre materielle Sicherheit mag dazu beigetragen haben, dass sie in ihren Partnerschaften – etwa jener mit Friedrich Nietzsche – stets besti mmend war. Sie war eine freiheitsliebende, emanzipierte Denkerin, blieb aber gegenüber der aufkommenden Frauenbewegung distanziert.

Buch
Andrea Brill
Scharfsinnig wie ein Adler und mutig wie ein Löwe
256 Seiten
(Piper 2023)