Dann ist die Inflation gekommen, und das Geld war hin.» Als der Ich-Erzähler diesen Satz erstmals von seiner Mutter vernahm, war er vier oder fünf Jahre alt. Jetzt ist die Mutter fast 95 und hat noch drei Tage zu leben. Umso mehr will sich der Sohn beeilen, ihr Leben biografisch nachzustricken. «Bis zum Begräbnis bin ich fertig, und dann bin ich es los, die Erinnerung und alles. Ein schneller Text. Und weg damit.» Nun ja, «schnell» ist bei Wolf Haas relativ, ganz besonders, weil sein Roman «Eigentum» seiner Mutter ja ein Denkmal setzen soll.

Aber da sind wir schon auf der Metaebene, wo sich der österreichische Bestsellerautor besonders wohlfühlt: Blick ins Innenleben, Umkreisungen von aussen, dazu Nacherzählungen in der Mundart der Mutter. Haas kann das mühelos durchdeklinieren. Nur eben ist «Eigentum» kein Brenner-Krimi, da gibt es also weniger augenzwinkerndes Sinnieren über das Menschsein im Allgemeinen und Besonderen, sondern für Haas’sche Verhältnisse fast schon wehmütige Anekdoten und Erinnerungen.

Es geht um die Mutter, deren Leben aus Arbeit, Armut und Sparen bestand – und einem jahrzehntelangen Hoffen und Ringen um ein kleines bisschen Boden. Am Ende ihres Lebens, als sie sich schon in ihre eigene Welt verabschiedet hat, will sie ihrem Vater Brennnesseltee ins Jenseits bringen, damit dessen Erkältung nachlässt. Der Sohn soll aber vorher anrufen, also im Jenseits. Ja, die Prise Absurdität angesichts des Verdämmerns passt. Insgesamt aber scheint der persönliche Zugang den sonst so fabulierfrischen Haas ziemlich runterzubremsen.

Da sind viele Wiederholungsschlaufen, die man erdulden muss. Dennoch fühlt man sich in diesem stilistisch ausgefeilten Universum immer noch vergleichsweise gut aufgehoben.

Buch
Wolf Haas
Eigentum
160 Seiten
(Hanser 2023)