Max Frischs «Tagebücher» sind bis heute oft gelesene Dokumente eines kritischen Zeitgenossen. Der Roman «Ismé» von Cilette Ofaire aus Neuchâtel dagegen wurde erst kürzlich wieder entdeckt. Texte des Tessiner Autors Felice Filippini haben wohl nur wenige gelesen, genauso wie die Gedichte der Engadinerin Luisa Famos. Ihnen allen verleiht Charles Linsmayer Aufmerksamkeit und Beachtung. Der 76-jährige Herausgeber aus Zürich wirkt seit Jahrzehnten als unermüdlicher Vermittler und Anwalt von vielfältigen und oft schon verklungenen Stimmen der Schweizer Literatur.

Im Th. Gut Verlag erscheint seit 2017 seine Reihe «Reprinted by Huber», von der NZZ als «Kaleidoskop der literarischen Schweiz» taxiert. Für Band 40 hat Linsmayer 135 Texte aus den letzten 100 Jahren zusammengestellt. Darunter Auszüge aus wohlbekannten Büchern wie Hugo Loetschers «Waschküchenschlüssel» oder Leta Semadenis «Tamangur», zumeist aber unbekannte Texte sowie zahlreiche eigens für diesen Band verfasste Beiträge. Linsmayer ordnet die Texte nicht chronologisch, sondern nach Themen wie «Frühe Erfahrungen», «Freundschaften», «Kriegszeiten» oder «Jenseits des Realen».

Die 135 Autorinnen und ­Autoren sieht Charles Linsmayer als Repräsentanten der mehrsprachigen Schweizer Literatur. Allen widmet er im Anhang ausführliche Porträts. Sein Sammelband garantiert einen vielstimmigen Lesespass, birgt viel Wissenswertes und manch Überraschendes.

Buch
20/21 Synchron  
Hg. Charles Linsmayer
568 Seiten
(Th. Gut Verlag 2022)