Die Episode gehört zum Schatz der Physik: wie sich im Mai 1925 der junge Werner Heisenberg auf die Insel Helgoland begibt, um dort seinen heftigen Heuschnupfen auszukurieren. Und wie er dort – umherwandernd, nachdenkend und intensiv rechnend – zu jenen Erkenntnissen gelangt, die nicht nur die Quantentheorie begründen, sondern auch eine neue Weltsicht: Sie nimmt Abschied von der Vorstellung, dass die Welt aus festen Dingen besteht.

Um diesen Abschied geht es nun in der wunderbar klaren, niemals überladenen und in sanfter Melancholie dahinschreitenden Novelle «Sich lichtende Nebel» des Aargauer Schriftstellers Christian Haller. Im Mittelpunkt steht nicht nur Heisenberg selbst, sondern auch ein pensionierter, seit Kurzem verwitweter und etwas vereinsamter Kopenhagener Geschichtsprofessor namens Helstedt.

Schon in der Eingangsszene macht er sich seltsame Gedanken, als er einen im Nebel von Lichtkegel zu Lichtkegel wandernden Mann beobachtet – es ist Heisenberg. Später dann hat er eine Erscheinung, die sein einziger Freund nur mit Spott versieht: Er sieht die Dinge plötzlich in einem intensiven Blau, aufgelöst in bewegte Zustände von Energie. Besteht alles aus solchen durch- sichtigen Energieteilen, ist gar alles in unablässigem Austausch? Am Ende findet Helstedt in dieser Erkenntnis Trost.

Buch
Christian Haller - Sich lichtende Nebel
123 Seiten (Luchterhand 2023)