Er war ein ewig Reisender und Studierender. Ein Studium im eigentlichen Sinne absolvierte Le Corbusier freilich nie. Wie Charles Edouard Jeanneret aus La Chaux-de-Fonds (1887–1965) dennoch zu einem der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts wurde, zeigt Juliette Cazanave in ihrer eindrücklichen Dokumentation.

Jeanneret wusste sehr früh um seine Begabung. Er war noch nicht 18, als er seinem Kunstgewerbe-Lehrer ein Haus baute. Erste Artikel zum Städtebau waren von derartiger Sprengkraft, dass er sie mit einem Pseudonym unterzeichnete: Le Corbusier. Abreissen und neu bauen: Dieses von ihm postulierte Rezept konnte der Schweizer nach den beiden Weltkriegen in die Realität umsetzen: in Paris, Antwerpen, Moskau. Später in Brasilien, Argentinien und Indien. 

Obwohl er ein «Jünger des Betons» war, stellte er den Menschen ins Zentrum. Er realisierte gigantische Sozialbauten in Pessac bei Bordeaux, aber auch Orte der Stille wie die Kapelle von Ronchamp. Sein Lebensprojekt war die «Strahlende Stadt», die er mit der Cité Radieuse in Marseille und dem Neubau der Stadt Chandigarh in Indien ansatzweise umsetzen konnte.

Cazanaves Film wird in der Reihe «Das Jahrhundert des …» ausgestrahlt und zeigt Le Corbusier als apolitischen Menschen. Dem Umwerben der Nazis widerstand er ebenso wie dem kapitalistischen Nachkriegsboom. Er sah sich als pragmatischen Visionär mit dem Ziel, die Welt zu verbessern, indem er sie neu baute.    

Das Jahrhundert des Le Corbusier
Regie: Juliette Cazanave
53 Minuten
Mi, 27.7., 23.55 Arte