Das Buchmotto ist schön gewählt. Es handelt sich um einen Satz aus Ludwig Wittgensteins «Tractatus logico-philosophicus»: «Die Welt ist alles, was der Fall ist.» In der Fernsehwelt ist es im Wochentakt der Fall. Es muss etwas dran sein: Seit 1970, immer wieder sonntags, schauen zur besten Sendezeit 7 bis 13 Millionen zu. Der «Tatort» ist ein Massenphänomen. Zeit, diese besondere Krimi-Reihe auch aus philosophischer Warte zu bedenken.

Denkanstösse

Der Anspruch des Bandes mit 14 verschiedenen Beiträgen lautet, «das mögliche Verhältnis des ‹Tatort› zur Philosophie ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen, beide in ebenso ernsthafter wir spielerischer Absicht miteinander ins Gespräch zu bringen». Es ist ein gegenseitiger Akt: Mit philosophischem «Besteck», werden «Tatort»-Themen verhandelt. Und anhand der praktischen Anwendung werden Philosophen und ihre Denkwelten erläutert. So erhält man eine Einführung in die wesentlichen philosophischen Autoren und Denkschulen des 20. und frühen 21. Jahrhunderts.

Ohne Adorno geht es nicht. Ein sehr gelungenes Beispiel analysiert mit Hilfe von Nietzsche die von Klaus Doldinger komponierte Musik des Vorspanns (am Schlagzeug: Udo Lindenberg). Weitere Namen von Geistesgrössen sind u.a. Hannah Arendt, Gilles Deleuze, Byung-Chul Han, Siegfried Kracauer, Marshall McLuhan, Edmund Husserl. Es geht um grosse Themen und letzte Fragen, um den allwöchentlichen «Sieg der Vernunft über die dunkle Gewalt», um Angstlust und Aufklärung, um Gut und Böse, um Mitleiden und Lieben. In mal mehr, mal weniger tiefgründigen Texten. Denkanstösse gibt es allemal.

Wolfram Eilen­berger (Hg.)
«Der Tatort und die Philosophie. Schlauer werden mit der beliebtesten Fernsehserie»
(Tropen 2014).