Wieder gelesen: Spiegelbild der Gesellschaft Ägyptens
Korruption, Homosexualität und Terrorismus: Der arabische Schriftsteller Alaa
al-Aswani seziert in seinem Roman «Der Jakubijân-Bau» die ägyptische Gesellschaft.
Inhalt
Kulturtipp 02/2014
Renata Schmid
«Es gibt nur zwei Möglichkeiten in Ägypten: Entweder man schweigt. Oder man schreibt und ist bereit, jeden Moment den Preis dafür zu zahlen.» Das sagte der ägyptische Erfolgsautor Alaa al-Aswani kürzlich in einem Interview. Der 1957 geborene Zahnarzt, Schriftsteller und Journalist ist ein Kämpfer für die Demokratie. Er nimmt in seinen Romanen wie im öffentlichen Leben kein Blatt vor den Mund und riskiert seit Jahren Freiheit und Le...
«Es gibt nur zwei Möglichkeiten in Ägypten: Entweder man schweigt. Oder man schreibt und ist bereit, jeden Moment den Preis dafür zu zahlen.» Das sagte der ägyptische Erfolgsautor Alaa al-Aswani kürzlich in einem Interview. Der 1957 geborene Zahnarzt, Schriftsteller und Journalist ist ein Kämpfer für die Demokratie. Er nimmt in seinen Romanen wie im öffentlichen Leben kein Blatt vor den Mund und riskiert seit Jahren Freiheit und Leben.
2002 veröffentlichte al-Aswani seinen ersten Roman «Der Jakubijân-Bau», der zum Bestseller in der arabischen Welt wurde. Der Roman erschien 2007 erstmals auf Deutsch. Nun hat ihn der Lenos Verlag neu aufgelegt.
Der real existierende Jakubijân-Bau, ein zehngeschossiges Gebäude in Kairo, wurde von einem italienischen Architekten in den 1930ern entworfen. Alaa al-Aswani hat diesen Wohnblock zum Schauplatz seines Romans gemacht und erzählt fiktive Geschichten über dessen Bewohner. Da ist etwa der schwule Journalist, der sich einen armen verheirateten Oberägypter zum Liebhaber macht, oder der Geschäftsmann, der seine Zweitfrau, eine alleinerziehende Mutter, in der Wohnung neben seinem Büro leben lässt. Mit der Auflage, dass sie ihr Kind anderweitig unterzubringen hat.
Und wie nicht selten in Kairo leben auch Leute auf dem Dach, in winzigen Kammern, die einst als Abstell- oder Wäschekammern dienten und nun vermietet werden. Es herrscht Leben wie auf einem ägyptischen Basar. Dort ist der Student Taha zu Hause, der Polizist werden will, aber als Sohn eines Türstehers chancenlos bleibt. Und Tahas Freundin, die sich redliche Arbeit sucht, kann ihren Job nur behalten, wenn sie sich sexuell ausbeuten lässt.
Alaa al-Aswani berührt jedes Tabu: Korruption, alltägliche sexuelle Übergriffe, Machtmissbrauch und Terrorismus. Der Autor hält Ägpytens Gesellschaft den Spiegel vor: ungeschönt lebendig – und trotz aller Härte nie hoffnungslos.
Alaa al-Aswani
«Der Jakubijân-Bau»
363 Seiten
Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich
Erstausgabe: 2007
Neuauflage bei Lenos