Von A wie Aarespaziergang bis Z wie Zuzgen: In der Reihe «Idyllen» von 1970 lässt sich mit Franz Hohler wandernd die Welt erkunden. Es versteht sich beim Satire-Altmeister von selbst, dass die Idyllen nur vermeintliche sind und nicht dem landläufigen Bild entsprechen. In St. Gallen erinnert ihn die opulente Kathedrale an ein Sportstadion, «ganz darauf angelegt, dass man sich allein darin unwohl fühlt». Und er verweist augenzwinkernd auf den St. Galler Huthändler, der seine Kunden mit «Was wotsch?» begrüsst. Oder, leicht makaber: «Wien war den Lebenden nie besonders günstig gesinnt … Man gedenkt hier lieber, als dass man denkt.»

Franz Hohler ist ein genauer Beobachter: In beiläufigem Ton verweist er auf Unscheinbares. Seine Geschichten sind mal harmlos, mal abgründig, alltäglich, poetisch, oder sie münden in eine absurde Pointe. Auf welche Art auch immer: Man lässt sich gerne auf das hohlersche Universum ein, das er nun seit über 40 Jahren entfaltet.

Nebst den «Idyllen» sind im neu erschienenen Band zahlreiche weitere Kurzerzählungen bis 2008 versammelt. Etwa «Das Ende eines ganz normalen Tages», in der Hohler auf die Anschläge von 9/11 zurückblickt. 

Zum Schmunzeln regt hingegen die titelgebende Kurzerzählung «Der Autostopper» an. Der Anhalter entpuppt sich als Teufel höchstpersönlich. Er steigt in das Auto des «sanften Langhaarigen» mit der durchlöcherten Hand ein – wider Erwarten schmieden die beiden Kontrahenten einen gemeinsamen Plan, dessen Pointe hier nicht verraten sei.

Lesung
Do, 22.1., 20.00 Buchhandlung Wortreich Glarus

Franz Hohler
«Der Autostopper»
768 Seiten
Erstausgabe: 
Erzählungen von 1970–2008
(Luchterhand 2014).