Die Bühne ist ein gigantisches Spielfeld voller Rampen, Felder aus Noppenfolie und aufgeblasener Gummitiere – und mittendrin drei Spielfiguren. Diese Pions, wie es auf Französisch heisst, stecken in quietschgelben Anzügen in geometrischen Formen. Power-Pion, gespielt von Nicole Bachmann, hüpft von Feld zu Feld und kreischt: «Eine Mission!» Sofort versammeln sich die drei Töggel und versuchen, Lieder zu erraten. PionPion (Nadja Rui) rät immer wieder falsch. Ihre Teammitglieder werfen ihr genervte Blicke zu.
Die Dramaturgie wird vom Spielverlauf bestimmt
Das neue deutsch-französische Stück «Mensch ärgere dich nicht» der Bieler Theatergruppe La Grenouille hat eine erfrischende Erzählweise. Statt einer Geschichte mit Anfang, Ende und klarer Handlung beleuchtet es eine Spielsituation, die wiederum zusammengesetzt ist aus bekannten Brettspielen wie Schach oder dem Leiterlispiel. Die Dramaturgie wird bestimmt vom Spielverlauf.
Nur kennt niemand die Regeln. In diese verwirrende Welt geworfen, suchen sich die Pions einen Weg, der für sie Sinn ergibt. Doch Pion-Pion macht zu viele Fehler, sie muss im Gefängnis aussetzen. Von den anderen ausgeschlossen, kann sie nur beobachten, wie ihre Freundinnen ohne sie ein Abenteuer erleben. Neben der ungeschickten Pion-Pion und der kompetitiven Power-Pion, die bedauert, dass sie von den Menschen immer nur die Nasenlöcher sieht, gibt es noch Meteo-Pion (Clea Eden).
Ihr ist es wichtig, dass sich alle wohlfühlen und dass es «Safe Spaces» gibt. Die drei Figuren werden schnell greifbar und beziehen das Publikum oft mit ein. Französisch, Hochdeutsch und Schweizerdeutsch werden an dieser Probe wild durcheinander gesprochen. Offiziell gibt es aber Aufführungen mit Hauptsprache Französisch oder Deutsch.
«Nach welchen Regeln spielst du?»
Clea Eden spielt nicht nur den sozialen Töggel Meteo-Pion, sondern hat auch gemeinsam mit ihrem Mann Luca Depietri das Konzept für das Stück «Mensch ärgere dich nicht» entwickelt. «Zu Hause spielen wir auch oft Gesellschaftsspiele», sagt sie, und Depietri ergänzt: «Wir haben uns gefragt, was wir antworten würden, wenn Kinder uns fragten: Wofür kämpfst du im Leben, und nach welchen Regeln spielst du?»
Diese Fragen haben sie zum Stück inspiriert. Irgendwann verweigert sich Pion-Pion komplett, Power-Pion pocht wütend auf die Einhaltung der Regeln, und MeteoPion will neue, demokratische Regeln aufstellen. Ein Konsens ist schwer zu finden, und das Spiel droht zu kippen. Wenn niemand mitspielt, funktioniert es nicht.
Das Stück knüpft geschickt an gesellschaftliche und philosophische Fragen an, die sich dem erwachsenen Publikum implizit erschliessen, bleibt dabei aber immer auf der Spielebene, die mit viel Liebe zum Detail und vielen Referenzen die Kinder im Publikum ansprechen soll. «Mensch ärgere dich nicht» ist ein sprachliches Kuddelmuddel und ein Spiel über Spielregeln, in dem die ganze Familie bestens unterhalten ist.
Mensch ärgere dich nicht
Ab 8 Jahren
Französische Premiere: Fr, 1.3., 19.00 Biotop Theater Biel BE
Deutsche Premiere: Sa, 9.3., 17.00 Biotop Theater Biel BE Ab Mi, 20.3., im Tojo Theater Bern