Kutti MC war einmal. Obwohl Jürg Halter mit dieser rappenden Kunstfigur grosse Erfolge feiern konnte, zog er vor zehn Jahren den Stecker. «Weil mich die Mundart und deren Verkitschung und Kommerzialisierung zunehmend gelangweilt und genervt haben», sagt der 43-jährige Berner. Musik aber sei sein stetiger Begleiter, begründet Halter, der in den letzten Jahren vor allem schreibend in Erscheinung getreten ist, seine Rückkehr ins Studio.
Achtung Niemand nennt er sein Kollektiv, das sich mit befreundeten Musikern entwickelt habe, mit Gitarrist Luk Zimmermann (Lunik) und Jazzpianist Roberto Domeniconi, Vokalist Andreas Schaerer oder dem Zürcher DJ Kalabrese. Der wichtigste Geburtshelfer aber war Fredy Studer. Mit dem 2022 verstorbenen Luzerner Drummer habe er oft «über Musik und die Welt philosophiert», sagt Halter. Es seien Songideen entstanden und parallel dazu Texte, die den neuen Akzenten des Bandprojekts entsprachen.
«Ich singe nun hochdeutsch, ohne meine Schweizer Sprachherkunft zu verleugnen. Über Themen wie den Umgang mit dem Klimawandel etwa.» Slampoetisch rappend, zuweilen fast singend, lässt sich Halter auch über die Selbstgefälligkeit urbaner Jungstädter aus. Oder über ewige Themen wie die Liebe.
Synthiepop, Stampfrock, Folk und Pianoblues
Neu ist das Soundgewand zu Halters Texten. «Der Einfluss musikalischer Stile und deren Verschmelzen ist diverser geworden», bestätigt er. Tatsächlich trifft wolkiger Synthiepop auf rauchigen Folk und rumpeligen Pianoblues. Das Liebeslied mit der Zeile «Du hast mich mit einem Schnitt aus deinem Leben seziert» steigert sich zum fiepigen Stampfrock.
«Man weiss zu leben, arbeiten zu lassen, man weiss zu erben, mit Freunden zu spassen», beginnt der Song «Langweilige, schöne Menschen», der als wirblig trommelnde Minimalballade dahintrippelt. Für erste Konzerte hat Halter eine Liveband zusammengestellt mit Luk Zimmermann und Milan Slick an Gitarren und Synthesizer sowie Fabian Bürgi an den Drums. Die Band wird Halters Fans überraschen. Und den Dichter freuen, denn: «Niemand erwartet mich, und das macht mich doch irgendwie glücklich.»
Konzerte
Vinylalbum Sa, 6.4., 21.00 Le Singe Biel BE
Sa, 20.4., 20.00 Helsinki Klub Zürich
Sa, 18.5., 20.30 Buchhandlung Stauffacher Bern
Vinylalbum
Achtung Niemand
Wir sind gute Menschen (Sophie Records 2024)
