«Ziegelsteine» werden sie in der Buchbranche genannt. Jene Bücher, die einen mit ihrer schieren Dicke zu erschlagen drohen. «Ich hasse dicke Bücher», dozierte schon Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki, und mit dieser Meinung war er für einmal wohl nicht allein. Weshalb also soll man den nach 30-jähriger Sperre erschienenen Wälzer mit dem Briefwechsel von Ingeborg Bachmann (1926–1973) und Max Frisch (1911–1991) kaufen oder sogar lesen?

Liebende, Streitende, Gekränkte, Getrennte
Obwohl von berufenen Leuten als Werk der Weltliteratur taxiert, findet sich das Buch auf der Sachbuch-Bestsellerliste. Das beruhigt die Leser insofern, als kaum jemand das Buch in einem Zug liest.

Knapp die Hälfte umfasst allein der «Kommentar », literaturwissenschaftliche Anmerkungen also zu den 299 abgedruckten Briefen, die sich die Österreicherin Bachmann und der Schweizer Frisch zwischen 1958 und 1973 schrieben. Als Verliebte, als Liebende, als Streitende, Gekränkte, Getrennte. Vor allem aber als zwei wichtige literarische Stimmen, die es immer wieder schafften, sich jenseits ihrer Gefühle in ihren künstlerischen Arbeiten zu kommentieren und zu animieren.

Dies macht die Lektüre dieses Briefwechsels spannend, weil sich da zwei Künstler austauschen, aber eben auch zwei Menschen, die sich vieles zu sagen haben, was jenseits wissenschaftlicher Analysen berührend und anregend ist. Und zugegeben: Ein bisschen Voyeurismus spielt mit beim Dabeisein, wenn zwei bekannte Unbekannte sich lieben und zoffen.

Ingeborg Bachmann, Max Frisch
Wir haben es nicht gut gemacht
1039 Seiten (Piper/Suhrkamp 2022)