Der kleine Sohn Shams hat immer an einem bestimmten Wochentag Bauchschmerzen. Der Arzt ist ratlos. Bis Vater Waleed (Amer Hlehel) beim Sohn nachfragt, welche Fächer er an besagtem Tag habe.

Des Rätsels Lösung heisst «Geografie», das scheint der Auslöser für das temporäre Leid zu sein. Da sagte nämlich die Lehrerin einmal, Jerusalem sei die Hauptstadt von Israel. Dabei sei es doch die Hauptstadt von Palästina, oder nicht? Für ein Formular braucht die russische Stellvertreterin des Arztes die Angaben zur Nationalität. Waleed: «Araber.»

Nächste Pflichtfrage: «Religion?» Waleed taxiert das als «rassistische Frage». Doch es muss sein. «Schreiben Sie ‹Palästinenser›.» Sie: «Das ist keine Religion.» – Waleed: «Für mich schon.»

In solchen Szenen und Dialogen zeigt sich, wie sich in einem sogenannten Brennpunktland das Menschliche und Private mit dem Politischen vermischt. Drehbuchautorin und Regisseurin Maha Haj, geboren 1970 in Nazareth, macht das Gesamtbild im Einzelnen fest, in einem Film, der auf tragikomische Art Ernstes vermittelt, mit einem Hauch von Leichtigkeit.

Ein dubioser Nachbar mit viel Talent
Waleed bläst buchstäblich Trübsal. Er hockt lethargisch zu Hause in Haifa. Ein Schriftsteller ohne Buch, dafür mit Schreibstau. Freude am Leben hat er ebenso wenig wie am neuen Nachbarn Jalal (Ashraf Farah). Dieser besitzt zwei aggressive grosse Hunde, und am Morgen hört er laut Musik.

Aber der Neue hat Talent, auch wenn er dubios erscheint: Er erweist sich als versierter Handwerker – und Kleinganove dazu. Die beiden Männer finden letztlich in einer besonderen Schicksalsgemeinschaft zusammen. Waleed fragt Jalal eines Tages, ob er vielleicht einen Auftragskiller kenne. Bei der nächtlichen Jagd im Wald fällt ein Schuss. Doch das Ziel ist nicht das erwartete … Die subtile Tragikomödie wurde als palästinensischer Beitrag für die Oscar-Bewerbung ausgewählt.

Mediterranean Fever
Regie: Maha Haj
Palästina 2022, 108 Minuten
Ab Do, 15.12., im Kino