Die Eröffnungsszene, in Zeitlupe gefilmt, zeigt einen Eklat voller Gewalt. Die 35-jährige Margaret (Stéphanie Blanchoud) rastet total aus und verletzt dabei ihre Mutter Christina (Valeria Bruni Tedeschi). Die anwesenden Männer werfen Margaret aus dem Haus. Christina, eine Klavierlehrerin, ist fortan auf einem Ohr taub und kann nicht mehr arbeiten. Sie erstattet Anzeige. Der Richter verhängt bis zur Verhandlung ein Kontaktverbot. Margaret darf sich ihrem Elternhaus drei Monate lang nur mit einem Abstand von mindestens 100 Metern nähern.

Die kleine Schwester Marion (Elli Spagnolo) bleibt mit ihr in Kontakt. Sie malt eine Trennlinie um das Haus herum. Draussen auf einem Feld treffen sich die beiden zum Üben: Die gottesfürchtige Marion will in der Kirche singen, Margaret begleitet sie auf der elektrischen Gitarre.

Margaret kommt bei ihrem Ex Julien (Benjamin Biolay) unter. An Weihnachten betritt sie die verbotene Zone, bittet vor dem Fenster um Verzeihung. Werden Mutter und Tochter je wieder zueinanderfinden? Die Mutter, die für ihre Familie die eigene künstlerische Karriere aufgegeben hatte, verkauft den Flügel.

Die ausgestossene Margaret dagegen reüssiert bei ihrem Soloauftritt in einem Club mit einem berührenden Song. Die schweizerisch-französische Regisseurin Ursula Meier («Home», «Sister») erzählt mit «La ligne» ein packendes Familiendrama um Kränkungen, Verletzungen und Lebensträume – eine tragische Geschichte, aber nicht ohne Hoffnungsschimmer.

La ligne
Regie: Ursula Meier
F/CH/BE 2022, 103 Minuten
Ab Do, 16.2., im Kino