Wenn jemand die Psychothriller-Schlachtplatte derart exzessiv bespielt wie Sebastian Fitzek, muss man aufs Cover schon «Kein Thriller» schreiben, wenns mal nicht so ist. Kommt dann etwas wie «Elternabend» raus, umso besser. Der Roman fängt damit an, dass ein suizidgefährdeter Kleinganove namens Sascha Nebel in Berlin einen SUV klauen soll. Während er im aufgebrochenen Gefährt seinen Abschiedsbrief verfasst, wird selbiges jedoch von einer vermeintlichen Klimaaktivistin mit einer Keule traktiert.

Was folgt, ist eine Anhäufung von Missverständnissen, bis das ungleiche Duo – von der Polizei verfolgt – schliesslich bei einem Elternabend auf einer Havel-Insel landet, wo man sich unter falscher Identität weiterer Ausnahmesituationen erwehren muss. Nun mag man Sebastian Fitzek ja vorwerfen, dass er allzu viel Schablonenhaftes auf den Buchmarkt wirft.

Aber hier trifft er ins Schwarze, denn in «Elternabend» gehts nicht nur um eine sarkastisch imprägnierte Lesebespassung, sondern – wie vorausgehend gewarnt wird – um Mobbing, Depressionen und Suizid. Und das auf erstaunlichen Umwegen, zum Beispiel wenn Sascha Nebel sagt: «Hab ich schon erwähnt, dass nahestehende Personen meine Gedankengänge manchmal nervtötend finden?»

Immerhin bekommt diese sich selbst sehr windfahnig findende Hauptfigur die Möglichkeit, einen rüpelhaften Schüler – sein angeblicher Sohn – vor Schlimmerem zu bewahren. Da wird die Verwechslungskomödie auf der Insel plötzlich zum Familiendrama, zur schonungslosen Selbstdurchleuchtung, inklusive unerwartet emotionalem Finale. So hat sich das Abschweifen in jeder Hinsicht gelohnt.

Buch
Sebastian Fitzek - Elternabend
336 Seiten (Droemer Knaur 2023)