Wir schreiben das Jahr 1543 im italienischen Cremola. Der freigeistige Adlige Amilcare Anguissola möchte, dass seine Tochter Sofonisba Künstlerin wird. Doch wie soll das gehen, wenn Akademien keine Frauen aufnehmen und Malerwerkstätten verrufen sind? Privatunterricht! Die elfjährige Sofonisba wird vom Maler Bernardino Campi in dessen Wohnung geschult – so bleiben die guten Sitten gewahrt. Es bedarf also einiger Verrenkungen, bis die Karriere von Sofonisba Anguissola (1532– 1625) ihren Lauf nimmt.
Umso bemerkenswerter wird diese: Ruhm als Porträtmalerin in Italien, später Hofkünstlerin für den spanischen König Philipp II. Und doch wird sie von der Kunstgeschichte irgendwann links liegen gelassen.
Gesellschaftliche Gratwanderung
Sie ist nicht die Einzige. Kunsthistorikerinnen und Museen arbeiten seit einigen Jahren daran, die einseitig männliche Geschichtsschreibung zu entzerren. Einen Beitrag dazu leistet auch die Schau «Geniale Frauen» im Kunstmuseum Basel.
Diese zeigt Porträts, Stillleben und Grafiken von deutschen, italienischen und niederländischen Künstlerinnen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Die Schau stellt ihre Arbeiten Werken von Vätern, Ehemännern und Konkurrenten gegenüber. Das erlaubt nicht nur eine neue Sicht auf Renaissance, Barock und Klassizismus, sondern auch einen Blick auf soziale Umstände und Produktionsbedingungen.
Und wie unterschiedlich diese Biografien sind! Musste Judith Leyster (1609–1660) ihren Beruf mit der Heirat noch aufgeben, wurde Rachel Ruysch (1664–1750) von ihrem Gatten unterstützt. Schafften es einige Künstlerinnen nur bedingt, sich stilistisch von ihren Meistern loszulösen, wurde Catharina van Hemessen (um 1528 bis ca. 1583) trotz Einbindung in die Familienwerkstatt zur eigenständigen Malergrösse.
Doch auch erfolgreiche Karrieren blieben gesellschaftliche Gratwanderungen. Sofonisba Anguissola oder Lavinia Fontana (1552–1614) waren stets bestrebt, sich auf Selbstporträts als gesittete Edelfrauen zu zeigen. In ihren Auftragsarbeiten aber trieben sie die Porträtmalerei voran. Mit ungewohntem Bildaufbau, eigenen Nuancen oder einem fast naturwissenschaftlichen Blick für Präzision schufen sie Revolution. Und nichts weniger.
Geniale Frauen – Künstlerinnen und ihre Weggefährten
Sa, 2.3.–So, 30.6.
Kunstmuseum Basel