«Hoch über den Jurten, hoch wie ziehende Kraniche schwammen zarte, rauchblaue Wolken; Pferdeherden jagten wiehernd und stampfend über die dröhnende Erde zur Sommerweide, und Fohlen mit ungeschorenen Mähnen und wildem, schwarzem Feuer in den Augen umkreisten die Mutterstuten wie besessen …»

In dieser kirgisischen Steppenlandschaft entwickeln sich im Kriegsjahr 1943 zarte Liebesbande zwischen der schönen Dshamilja und dem verwundeten Kriegsheimkehrer Danijar. Eine Liebe, die im traditionsbewussten Clan nicht sein dürfte – denn Dshamilja ist verheiratet, ihr Mann kämpft an der Front. Bei der Arbeit in der Kolchose haben sich die beiden zuerst nichts zu sagen, bis Danijar die Schöne mit einem Lied für sich gewinnt. Dshamiljas Schwager, der 15-jährige Said, erzählt die Geschichte im Rückblick – und daraus erwächst der Zauber der stillen Novelle. Denn aus der Perspektive des noch unbefangenen Jungen ist eine schlichte Erzählweise möglich, die sich an die karge  Landschaft anpasst. In melancholischen Bildern, aber ohne Ethno-Romantik beschreibt Tschingis Aitmatow (1928–2008) seine kirgisische Heimat. Entstanden ist das Werk 1958 als Abschlussarbeit am Maxim-Gorki-Literaturinstitut in Moskau.
Die Neuausgabe von «Dshamilja» im Unionsverlag ist mit einem Vorwort und einer Erinnerung an die Entstehung der Geschichte von Tschingis Aitmatow erweitert worden – mit einem Nachwort des französischen Dichters Louis Aragon, der das Buch bei seinem Erscheinen als die «schönste Liebesgeschichte der Welt» bezeichnete.


[Buch]
Tschingis Aitmatow
«Dshamilja»
Aus dem Russischen von Hartmut Herboth
96 Seiten
Erstausgabe: 1960
Erweiterte Neuausgabe: Unionsverlag 2012.
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