Er suchte das Neue, indem er sich auf das Alte berief. Albert Ayler, 1936 in Ohio geboren, spielte sein kurzes Leben lang den Gospel und Blues seiner Ahnen. Allerdings tat er dies mit dem anarchistischen Furor des Erneuerers. Sein ungeklärter Tod – er trieb mit 34 Jahren im East River – machte ihn zur rätselhaften Musikikone. Die Nachwelt feiert ihn als Pionier des Freejazz, seine Zeitgenossen freilich verstanden seine Musik nicht. Gerade Jazzer lehnten sie zuweilen strikt ab.

Erst unter den Avantgardisten im New Yorker Greenwich Village der 1960er fand Ayler hellhörige Weggenossen: Cecil Taylor etwa oder Don Cherry. Mit Gary Peacock und Sunny Murray ging Ayler 1964 auf Europa-Tournee und spielte anschliessend das Album «Spiritual Unity» ein, ein Schlüsselwerk der Freemusic.

Obwohl hörbar strukturiert, sprengt Aylers Musik stilistische Grenzen und kompositorische Gesetzmässigkeiten. Sein Saxofon spielt er nicht, er singt es. Sein Sound kommt als verzweifeltes Schreien daher, mit dem Ayler explizit das historische Los der Afroamerikaner in den USA beklagte. Dieser neuartige Sound macht «Spiritual Unity» zum bis heute aufwühlenden Dokument. 2015 ist eine neu gemasterte Version als CD erschienen.

Mit demselben Trio – zum Quartett ergänzt durch Don Cherry – hatte Ayler 1964 Radioaufnahmen in Skandinavien gemacht, die soeben neu erschienen sind. Dieses Album findet wohl Erwähnung in der «Jazz Collection» von Radio SRF 2 Kultur. Annina Salis wird sich mit der deutschen Saxerin und Komponistin Silke Eberhard über Albert Ayler unterhalten.    

CDs
Albert Ayler Trio
Spiritual Unity 
(ESP 1964/2015).

Albert Ayler Quartet
European Radio Studio Recordings 1964 
(HatHut 2016).

Radio
Di, 13.9., 21.00 «Jazz Collection» SRF 2 Kultur (Z: Sa, 17.9., 17.06)