Mit Eifer betrieb Klemperer die Einspielung von Mozarts Da- Ponte-Opern. War seinem «Don Giovanni» noch ein bahnbrechender Erfolg beschieden, begleiteten das Erscheinen des «Figaro» skeptische Untertöne: Ein kritischer Text im Begleitheft der LP-Ausgabe bezeichnete Klemperers Interpretation als «ein strenges Glück». Zudem fragte sich der Autor, ob man sich Klemperer etwa als Dirigent von «Così fan tutte» vorstellen könne. In der Frage war die Verneinung bereits enthalten. Doch der greise Klemperer lieferte postwendend eine andere Antwort. 1971 erschien seine Einspielung von Mozarts frivolem Opernwerk. EMI legte sie kürzlich neu auf, jedoch betont lieblos, zumindest was das Booklet betrifft: Warum bei ­Neuauflagen historischer Aufnahmen deren Entstehungsgeschichte und die Künstler mit keinem einzigen Satz erwähnt werden, leuchtet nicht ein.

Vorbehalte gegen den späten Klemperer als «Così»-Dirigent sind allerdings begründet. Seine Obsession für langsame Tempi macht dem im Stoff der Oper angelegten Tempo gründlich den Garaus. Dasselbe gilt für Klemperers klangliche Detailversessenheit: Für sich genommen hochgradig faszinierend, bringt sie den Spielfluss regelmässig zum Erliegen. Dagegen vermag das hochkarätige Gesangsensemble nicht anzusingen – Klemperer bremst es beständig aus. Umgekehrt erhält diese Aufnahme durch den radikalen Bruch mit sämtlichen Konventionen etwas Abenteuerliches: Dass für die effektvolle Aufführung derart hartnäckige Arbeit am Klang geleistet wird, zieht ureigene Qualitäten aus dem Werk. So gesehen ist das die vielleicht schillerndste «Così» auf dem Plattenmarkt.


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Mozart
Così fan tutte
Leitung:
Otto Klemperer
(EMI Classics 2012).
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