Eigentlich strebt die Else-Lasker-Schüler-Stiftung ein reales Zentrum für die Erforschung und Dokumentierung der ­politischen Verfolgung von Künstlern an. Doch bis es so weit ist, sorgt das Internetprojekt «Exil-Archiv» für gebührenden Ersatz. Die Seite widmet sich Künstlern und Künstlerinnen, die politischer Repression zum Opfer gefallen sind.
Dass der Schwerpunkt auf den aus NS-Deutschland vertriebenen Kunstschaffenden liegt, versteht sich allein schon aufgrund der Stiftungsreferenz: Else Lasker-Schüler, am Ende der Weimarer Republik noch mit dem renommierten Kleist-Preis ausgezeichnet, wurde mit der Machtübergabe an die Nazis schlagartig zu einer Verfolgten. Über Zürich (wo man sie nur halbherzig aufnahm) emigrierte sie nach Jerusalem. Dort verstarb die berühmte Dichterin noch vor Kriegsende, am 22. Januar 1945.

Blick auf Gegenwart
Ebenso wichtig ist den Initianten des Exil-Archivs aber auch der Blick auf die Gegenwart. So finden sich unter dem Themenbereich «Bücherverbrennung» nicht nur eine ausführliche Dokumentation zu den barbarischen Aktionen der Nazis, sondern auch Hinweise auf weitere Fälle, in denen die Repression gegen Bücher jener gegen Menschen vorausging. Ausserdem verfügt die Seite über eine Linksammlung auf die einzige freie Theatergruppe in Weissrussland und beherbergt ein «Iran-Archiv» mit ausführlichen Informationen zu ausgewählten oppositionellen Schriftstellern.
Ergänzt wird das Angebot durch Hinweise auf aktuelle Veranstaltungen zum weitläufigen Problemkomplex von Kultur und Repression. Kernbestand des Archivs ist aber zweifellos eine umfangreiche biografische Datenbank zu vertriebenen und ermordeten Persönlichkeiten aus zahlreichen Kunst- und Kultursparten – von Architektur bis Theologie.