Werner Stauffacher, Niklaus von Flüe, Guillaume-Henri Dufour und Alfred Escher: Diese vier historischen Figuren der Schweizer Geschichte stehen im Mittelpunkt der neuen Serie «Die Schweizer». Zwei Vorwürfe wurden vor der Ausstrahlung der Sendungen laut:
- Schweizer Geschichte anhand von Köpfen orientiert sich an einem veralteten Geschichtsverständnis.
- Männer stehen im Mittelpunkt, historische Frauenfiguren haben nur einen marginalen Auftritt.
Dieser zweite Einwand ist nachvollziehbar. Die Beschränkung auf Männer erscheint tatsächlich willkürlich und ist schwer begründbar. Allerdings blendet diese Kritik aus, dass SRF im November andere Sendungen ausstrahlt, in denen Frauen im Mittelpunkt stehen. Das sind neben vier Künstlerinnen-Porträts (siehe S. 6/7) weitere hervorragende Dokumentationen:
- «Elisabeth Kopp – Eine Winterreise» Mi, 13.11., 00.10 SRF 1
- «Elisabeth Kübler-Ross – Dem Tod ins Gesicht sehen» Mi, 20.11., 00.10 SRF 1
- «Pipilotti Rist – The Colour Of Your Socks» Mi, 27.11. 00.10 SRF 1
Dabei handelt es sich allesamt um Wiederholungen; schade ist zudem, dass die Sendezeit so spät angesetzt ist.
Auch der Vorwurf, die Serie «Die Schweizer» orientiere sich an einem veralteten Geschichtsbild, ist verständlich. So werden etwa die Konflikte im Spätmittelalter zwischen den Innerschweizern und dem Kloster Einsiedeln im Film über Werner Stauffacher kaum erklärt; die Auseinandersetzungen konzentrieren sich auf einen persönlichen Streit zwischen Stauffacher und dem Abt. Auch der Stadt-Land-Konflikt der damaligen Zeit wird nur oberflächlich angetönt. Dafür erfährt man, dass die Schlacht von Morgarten nie stattgefunden hat – eine alte Erkenntnis.
Allerdings: Diese Serie ist solides, allgemein verständliches Fernsehen, das unterhält. Langeweile tritt beim Zuschauen nicht auf – nur auf neue Fakten darf man nicht hoffen. Kommt dazu, dass sich das Medium Fernsehen nach Köpfen richtet, ein Blick in die «Tagesschau» ist Beweis genug. Zudem bietet der Sender historisch ergänzendes Material, so im Wissenschaftsmagazin «Einstein: Das Söldnerwesen» (Do, 7.11., 21.00 SRF 1) und auf dem Internet (www.srgssr.ch/die-schweizer).
Geschichte als Märchen
In der Animationsserie «Helveticus» führt Fernsehen SRF 1 kleine Kinder in die Schweizer Geschichte ein – anschaulich und manchmal vergnüglich.
Der Genfer Henri Dunant kommt 1862 am Schlachtfeld von Solferino beim Gardasee vorbei. Dort liefern sich die Soldaten von Napoleon III. und der Habsburger Monarchie eine Schlacht. Dunant ist entsetzt, dass die überforderten medizinischen Helfer nur Verletzte der eigenen Seite versorgen. Er erkennt, wie wichtig eine unabhängige Hilfe für beide Kriegsparteien wäre – die Idee des Roten Kreuzes ist entstanden.
Das ist eine Episode der Westschweizer Serie «Helveticus», die SRF 1 für die Kleinen ab vier Jahren ausstrahlt. Die Filmsprache dieser drei Minuten dauernden Filme ist kindlich, aber nicht kindisch. Sie orientieren sich an den Mythen der Schweizer Geschichte – von Wilhelm Tell bis zur Kappeler Milchsuppe. Zudem richten sich die historischen Märchen nicht nur nach Köpfen; aber auch bei dieser Auswahl dominieren einmal mehr die Männer.
Die Verständlichkeit ist altersgerecht, jedenfalls fast immer. So fragt sich, ob Vierjährige den Hinweis wie «die erhitzte Milch mit Lab fermentiert zu Käse» wirklich verstehen. Das ist jedoch eine Aus-
nahme: Ansonsten sind diese Kurzfilme oft amüsant. Köstlich etwa ist, wie der Reformator Calvin in der Reformation für die Verbreitung der Schweizer Uhren gesorgt haben soll – damit die Leute rechtzeitig in die Kirche kommen.
«Helveticus»
Mo–Fr, 9.00 SRF 1 und
Mo–Fr, 17.30 SRF 1