Sarah Palin? Da denkt man an die republikanische Möchtegern-Präsidentschaftskandidatin aus Alaska. Doch mit dieser hat die Musikerin Sarah Palin nur ihren Künstlernamen gemeinsam; den richtigen will sie für sich behalten. Das Pseudonym entstand bei einem Jux mit der befreundeten Mundartrapperin Big Zis – und blieb ihr erhalten.
Spontan und intuitiv
Im Sommer 2011 lernte die heute 26-jährige Palin Hans-Jakob «JJ» Mühlethaler kennen, besser bekannt unter dem Namen «Chocolococolo» und als Teil der Langenthaler Hip-Hop-Crew Mundartisten. Kurz danach begannen Palin und Mühlethaler zusammen zu musizieren und fanden ihren gemeinsamen Nenner in repetitiven Folk-Pop-Songs. Palins einprägsame Stimme schwebt darin über akustischen Instrumentalteilen. Bei den folgenden Jamsessions im Wohnzimmer entstanden Songs, welche die beiden Musiker als Präsent für Freunde auf CDs brannten. «Als immer mehr Leute fragten, ob wir auch live auftreten, fiel der Entschluss, eine Band zu gründen», blickt Palin zurück. Kurzerhand wurden die drei Instrumentalisten Cyril Hassler (Gitarre), Domi Chansorn (Drums) und Beni Danech (Trompete) ins Boot geholt. Im Quintett entwickelte sich der Sound von JJ & Palin weiter; wurde facettenreicher – was sicher auch dem grösseren Spektrum an Instrumenten zu verdanken war.
Letztes Jahr zog sich die Band für Aufnahmen nach Kolin zurück, eine Stadt nahe Prag. Dort spielten sie ihr Debütalbum «Meanwhile In Kolin …» ein. «Unser ganzes Album ist intuitiv aus dem Moment heraus entstanden», beschreibt Palin den Schaffensprozess.
Die erste eigene Band
Sarah Palin, die neben dem Singen Gitarre, Piano und Banjo spielt, hat nie Musikunterricht genommen. «Ich habe mir alle Instrumente selber beigebracht. Dies verdanke ich bestimmt auch meiner Affinität zu feinmotorischen Tätigkeiten», sagt sie. Neben der Band arbeitet Palin auf ihrem erlernten Beruf als Pflegefachperson. Für sie ist JJ & Palin, anders als für ihre Bandkollegen, die erste eigene Band.
Musikalische Erfahrungen konnte sie jedoch früh sammeln. Als Teenager wurde sie singend und Gitarre spielend im Zug von einem Fremden angesprochen; er kenne jemanden mit einem eigenen Studio. Tags darauf durfte sie einen Vocalpart für die Trance-Djane Tatana einsingen. Für Palin rückblickend eine gute Erfahrung: «Obwohl mir ihre Musik überhaupt nicht zusagt, konnte ich von diesem Erlebnis viel mitnehmen.»
Neu formiert
Mit der Musik des Zürcher Produzenten und DJs Kalabrese kann Palin schon mehr anfangen. Ihn hat sie 2010 am Zürifäscht kennengelernt – woraus eine fruchtbare Zusammenarbeit entstand. So ist Palin auf seinem viel gelobten neuen Album «Independent Dancer» zu hören und gehört bei Auftritten seines Rumpelorchesters mittlerweile als «fixer Überraschungsgast» dazu.
Trotz Kooperationen mit anderen Künstlern wie Kalabrese, Big Zis oder Evelinn Trouble darf für Palin die eigene Band nicht zu kurz kommen. Unlängst haben Mitbegründer Hans-Jakob «JJ» Mühlethaler und Domi Chansorn die Gruppe verlassen. Beide konnten ihre eigenen Projekte nicht mehr mit dem Aufwand für die Band unter einen Hut bringen. Gemeinsam beschloss man, sich neu zu formieren. Für Palin kein Grund zur Trübsal: «Auf der einen Seite ist es ein Riesenverlust, wenn zwei so fantastische Musiker gehen. Auf der anderen Seite ist es ein grosser Gewinn, wenn zwei neue Leute aus einer völlig neuen Ecke mit Ideen und Qualitäten in die Band kommen.»
Bereits plant die neue Band, verstärkt mit Bálint Dobozi (Piano) und Samuel Messerli (Drums), ein neues Album. Daneben will man so viel wie möglich auf der Bühne stehen – das sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.
Melancholische Klangarrangements
Ihre Stimme erinnert an Leslie Feist, an Sophie Hunger oder auch Caroline Keating. Dennoch hat sie Eigenheiten: Sarah Palin singt mal feierlich und ruhig, mal melancholisch und ernsthaft. Mit einer breiten Pallette von Instrumenten, die vom Banjo bis zu Trompeten und Perkussion reicht, schafft die fünfköpfige Band um Palin einen stimmigen Soundteppich. Dieser ist von repetitiven Melodien und Zurückhaltung geprägt. Denn im Mittelpunkt der Songs – von Chanson über Folk-Pop bis zu Jazz – soll die Stimme der Sängerin stehen.
CD
JJ & Palin
Meanwhile In Kolin …
(Helsinki Records 2013).
Sommerklänge unter freiem Himmel
Die Stadt Zürich veranstaltet die Open-Air-Konzertreihe «Stadtsommer» mit Gratiskonzerten an verschiedenen Orten. Zu den Highlights gehört der Auftritt des Quartetts «The Legendary Lightness»: Drei Drummer und ein Gitarrist schaffen sphärische Soundlandschaften zu Daniel Hobis Stimme. Ein weiterer Höhepunkt ist der Auftritt des Pianisten Yves Theiler. Er kann als Solist ebenso wie mit seinem Trio überzeugen und verpackt komplexe rhythmische Ideen in seine Jazz-Kompositionen.
Und auch die Konzerte von Kazanchis + ./morForm/., IOKOI und JJ & Palin lohnen sich.
Konzerte Stadtsommer Zürich:
The Legendary Lightness
Fr, 26.7., 21.00
Platzspitz, im Rondell
Yves Theiler Solo Piano + Yves Theiler Trio
Sa, 27.7., 21.00
Bäckeranlage
Kazanchis + ./morForm/.
Do, 1.8., 21.00
Kasernenareal, beim Walcheturm
IOKOI
Fr, 2.8., 21.00
Botanischer Garten
JJ & Palin
Sa, 3.8., 21.00
vor dem Helsinki