Felix Steingruber lebt vom Töten. Kammerjäger ist sein Beruf. Tagsüber vernichtet er Ameisen und Asseln. Den Abend verbringt der ewige Junggeselle mit seiner Katze namens Frau Obermüller. Einmal in der Woche trifft er seine Mutter. Kurz: Sein Leben ist spiessig. Bis er eines Tages träumt, er sei todkrank und habe nur noch ein Jahr zu leben. Zum ersten Mal geht er in die Bibliothek und leiht sich ein Buch aus: «Angst vor dem Tod». Dieses rät ihm, Tagebuch zu führen.

So beginnt «Steingrubers Jahr». Der Schaffhauser Autor Schlatter blickt in die Seele eines Langweilers, der die Widersprüche des Lebens mit voller Wucht zu spüren bekommt. Prompt verliebt sich Steingruber in die Bibliothekarin Bernadette. Das reisst ihn aus der gewohnten Bahn und öffnet seine Augen für die wichtigen Dinge im Leben. Doch die Liebe droht an einer Krankheit von Bernadette zu zerbrechen. 

Gelegentlich sehnt sich Steingruber zurück in sein altes ruhiges Leben, ohne dieses stetige Auf und Ab. So erscheint es ihm gar lohnenswert, zu morden, um lebenslänglich im Gefängnis verwahrt zu werden. Derweil vereinsamt seine Mutter. Sie sehnt sich nach Schicksalsschlägen und Tragödien, auf dass endlich etwas passiert.

Steingruber hat einen klaren Blick für die Absurditäten des Alltags. Als Kammerjäger befreit er seine Klientinnen von krabbelnden Plagegeistern im Keller. Doch die wahren Sorgen scheinen woanders zu liegen. So bereitet ihm nichts grös­sere Freude als Nachrichten über die irrwitzigen Missgeschicke anderer. Nach einem etwas gekünstelten Einstieg überzeugen die Tagebucheinträge. Knackig, witzig, frech: ein Buch voll bittersüsser Anek­doten über Sinn und Unsinn des Lebens.

Buch
Ralf Schlatter
«Steingrubers Jahr»
152 Seiten
(Limbus Verlag 2017).