«Die wahre Geschichte des Cancan» erzählte Radioredaktorin Gabriela Kaegi in der «Passage»-Sendung von Radio SRF 2 Kultur. Die Feature-Autorin war hörbar bemüht, den «Hoch das Bein»-Tanz vom frivolen Image zu befreien. Mehr noch: Der Beitrag stellte den Cancan als Teil der Frauenbefreiung dar, als eine Rebellion der Frauen gegen die bürgerliche Doppelmoral. In dieser Leseart ist der Cancan eine Deklaration der Unabhängigkeit vom männlichen Führungsanspruch, dem sich die Tänzerinnen mit ihren athletischen Einlagen entzogen. Als Kronzeugin setzte Autorin Kaegi auf die ehemalige Cancan-Tänzerin Nadège Maruta, die heute als «Cancan-Forscherin» arbeitet und die omnipräsente Polizeiwillkür gegen diesen Tanz bestens dokumentieren kann. Der Beitrag belegte den etwas überraschenden «Women’s Lib»-Ansatz plausibel und nachvollziehbar. Allerdings hätte man sich gewünscht, dass die Perspektive etwas erweitert worden wäre: Das 19. Jahrhundert war die grosse Zeit neuer Formen der Unterhaltungsindustrie, die sämtliche Metropolen Europas erfasste. Ohne diesen wachsenden Markt wäre der Cancan wahrscheinlich ein unbeachtetes, lokales Pariser Phänomen geblieben.

Die wahre Geschichte des Cancan
Podcast: www.srf.ch/sendungen/passage