Der Mensch ist katastrophengeil. So lautet ein Fazit des englisch-schweizerischen Schriftstellers Alain de Botton in seinem neuen Buch. Der 46-jährige Autor machte sich vor 20 Jahren einen Namen als Zeitgeist-Surfer, der zu allem et­was zu sagen hatte, besonders zum trendigen Konsum und zum Sex. Nun also zu den Medien.

Nicht die einzelne negative Nachricht per se ist gemäss de Botton fatal, sondern die Flut: «Gefährlichstes Grippenvirus aller Zeiten»; «Obdachloser schuldig gesprochen, einer 84-jährigen Frau einen tödlichen Stoss versetzt zu haben». Solche Geschichten beeinflussten die Leser mehr, als man glaube, behauptet er. Das tönt plausibel, aber die Schlussfolgerung erscheint weltfremd: Die Medien sollten uns nicht nur an die «schlimmsten Fehler der Gesellschaft erinnern, sondern – manchmal – auch ihren Stolz, ihr Durchhaltevermögen und ihre Hoffnung stärken». Positive Schlagzeilen fordert de Botton. Etwa: «Lehrer bezähmt die Gefühle für eine Schülerin». 

Bedenkenswert ist die Erkenntnis, dass die Medien ihre Konsumenten oftmals über­fordern, weil Nachrichten in einem unverständlichen Umfeld erscheinen: Eine Meldung über angebliche Veruntreuungen in ugandischen Regierungskreisen etwa sagt dem europäischen Leser tatsächlich wenig. Erst wer einmal in Uganda gewesen sei, könne die Meldung über den Betrug vernünftig einordnen. Nur: Welche Folgerung muss der Leser daraus ziehen? Hat nun jeder ins Land des Geschehens zu reisen, um sich mit den dortigen politischen Verhältnissen vertraut zu machen? 

Alain de Botton
«Die Nachrichten. Eine Gebrauchsanweisung» 
255 Seiten
(Fischer 2015).