Dieses Stück Glycerinseife hat die Qualität einer Skulptur. Hinter der Schönheit des Gegenstands verbirgt sich jedoch Gewalt. Denn die Seife illustriert, wie verheerend ein Schuss das menschliche Gewebe verletzt. Der Wundkanal hat zunächst nur den Durchmesser des Projektils (rechts unten im Bild). Zerbricht die Kugel jedoch, überschlägt oder verformt sie sich, reisst sie eine erheblich grössere Wundhöhle ins Gewebe. Untersuchungsbehörden rekons­truieren mit Glycerinseife die Schussverletzungen von Opfern.

Teil unseres Alltags
Dieser Seifenblock ist in der ­neuen Ausstellung «Mord und Totschlag. Eine Ausstellung über das Leben» im Historischen Museum Bern zu sehen. Der Besucher findet Tatwaffen, Überreste der Terrorattacken vom 11. September 2001 oder das originale Richtschwert, mit dem 1861 vier Berner hingerichtet wurden. Gemäss den Ausstellungsmachern sollen die Besucher dieser Schau ihr Gerechtigkeits- und Rechtsempfinden schärfen. Sie soll auch die Verletzlichkeit des menschlichen Lebens bewusst machen.
Das Historische Museum geht das Thema nicht nur geschichtlich an, sondern liefert aktuelle Bezüge, die jeden einzelnen Besucher direkt angehen. Laut Museumsdirektor Jakob Messerli «geschehen Mord und Totschlag nicht ausschliesslich andernorts und in andern sozialen Milieus». Sie seien vielmehr «Teil unseres Alltags, geschehen hier und jetzt». Wer eine Zeitung durchblättert, wird die Aussage bestätigen, auch wenn versuchte oder vollendete Tötungsdelikte in der Schweiz mit deutlich rund 180 Fällen jährlich vergleichsweise selten sind. Gerade deshalb kommt ihnen eine ausserordentliche Medien-Aufmerksamkeit zu.