Die vier Wasser-Wundertaten von Christus: Eine mittelalterliche Malerei erzählt von ihnen in der St. Georg Basilika auf der deutschen Bodenseeinsel Reichenau: «Das bauchige Schiff mit Jesus und seinen Jüngern hat sich bereits ein Stück vom Ufer entfernt. Gehörnte Personifikationen des Ost- und Südwindes blasen mit grimmigen Gesichtern das Segel. Jesus bringt mit einer Geste die Winde zum Schweigen, als der Sturm bedrohlich wird.»

Die deutsche Kunsthistorikerin Marion Bayer beschreibt die frühmittelalterliche Klosterkirche kenntnisreich und mit Respekt vor dem Gestaltungswillen der Kunstschaffenden von damals. Bayer hat die Geschichte hinter 100 deutschen Bauwerken zusammengetragen, um die Vergangenheit des Landes nachzuerzählen. Dabei hält sich die Historikerin nicht strikt an die heutigen politischen Grenzen. Die Münster von Basel und Strassburg sind ebenso berücksichtigt wie das historische Postamt vom heute polnischen Danzig oder Castel del Monte von Friedrich II. in Apulien. Alle Bauten sind trefflich fotografiert, sodass der Leser immer weiss, wovon die Rede ist.

Beim Basler Münster konzentriert sich die Autorin auf die Fensterrose mit Figuren, die sich der Schwerkraft eines drehenden Glücksrads scheinbar nicht entziehen können. Dieses markante Merkmal wählte Bayer als Ausgangspunkt, um vom Bildersturm der Reformation zu erzählen, der am 9. Februar 1529 in Basel groteske Formen angenommen hatte, nachdem sich Zeloten auf dem Marktplatz versammelt hatten, um die Kirche zu stürmen. Dieser ungewöhnliche Ansatz bietet dem Leser einen anschaulichen Überblick der deutschen Geschichte. 

Buch
Marion Bayer «Eine Geschichte Deutschlands in 100 Bauwerken» 
430 Seiten 
(Quadriga 2015).