«Ein Geheimnis ist in einer jüdischen Gemeinde genauso gut aufgehoben wie ein Kaninchen im Fuchsbau.» An dieses Bonmot seines Vaters erinnert sich Rabbi Klein, nachdem seine alte Tante Himmelfarb in Zürich gestorben ist. War es Suizid, oder wurde sie vergiftet? Die Nachricht verbreitet sich in der Gemeinde wie ein Lauffeuer. Rabbi Klein hatte mit Tante Himmelfarb, einer bekannten Kunstsammlerin, eine besondere Verbindung: Sein Grossvater war 1939 ­einer der Fluchthelfer des damals neunjährigen Mädchens, das mit seiner Schwester den Nazi-Schergen entkommen konnte. Klein beginnt, in der eigenen Familiengeschichte zu graben …

Alfred Bodenheimer, Professor für jüdische Literatur- und Religionsgeschichte in Basel, verknüpft in seinem fünften Krimi «Im Tal der Gebeine» einmal mehr gekonnt Philosophisches mit Krimispannung und feinem Humor. Und er gibt einen tiefen Einblick in den jüdisch-orthodoxen Alltag. So erfährt man etwa, wie die aufwendigen Vorbereitungen zum Pessachfest ablaufen, und schaut dem Seelsorger beim Verfassen seiner Schabbatpredigten über die Schulter. Durch die Rückblende in die Vergangenheit gewinnt der Krimi nochmals an Tiefe. Bodenheimer zeichnet Klein in seiner Krimireihe als aufgeschlossenen Rabbi, der auch die eigene Kultur kritisch betrachtet. Diesmal zeigt er aber auch dessen Grenzen auf: Eine südafrikanische liberale Rabbinerin, die inmitten von Juden ein unkoscheres Rindsgulasch verzehrt und sich «keinen Deut um Ritualgesetze schert» – ­diese «New-Age-Version des Judentums» ist selbst Rabbi Klein zu viel.

Buch
Alfred Bodenheimer
Im Tal der Gebeine
206 Seiten
(Nagel & Kimche 2018)