Eine schicksalhafte Begegnung zu Beginn: Der Waise Pip (Toby Irvine) hilft einem flüchtigen Sträfling. Er trifft den Unbekannten im lebensfeindlichen Marschland beim Friedhofsbesuch am Grab seiner ­Eltern.

Als Schmied – wie sein Stiefvater Joey – möchte Pip sein Dasein nicht fristen. «Ich will ein Gentleman werden», weiss er. Ein erster Schritt auf dem Weg dorthin wäre die Anstellung als Gesellschafter im Schloss: Da lebt die abweisende Estella, Adoptivtochter der männerhassenden Hausherrin Miss Havisham (eine hexen­hafte Helena Bonham Carter). Lange darf Pip nicht im Schloss bleiben.

Er beginnt dennoch eine Lehre bei Joey. Da trifft die Botschaft aus London ein, aus dem inzwischen erwachsenen Pip (Jeremy Irvine) könne in der Hauptstadt ein Gentle­-man werden. Eine erkleckliche Summe Geld würde es möglich machen.

Der Wohltäter bleibt anfangs anonym. Bis sich der zu einem Vermögen gekommene Sträfling Abel Magwitch (Ralph Fiennes) zu erkennen gibt: «Ich habe dich erschaffen. Ich bin dein zweiter Vater.»

Die «grossen Erwartungen» («Great Expectations») eines famosen Vermögens werden sich nicht erfüllen. Am Ende findet Pip immerhin eine immaterielle Erfüllung in der späten Liebe zu Estella (Holly Grainger), die ihn einst verschmäht hatte.

Manchmal wünschte man sich etwas mehr von Dickens’ Humor, aber dennoch: Diese jüngste Filmversion von Drehbuchautor David Nicolls und Regisseur Mike Newell («Four Weddings And A Funeral») ist eine gelungene und solide Sache – berührendes Kino mit Unterhaltungswert.