Vier weisse Kindersärge werden in ein Flugzeug verfrachtet. Die Szene ist als Vorblende zu Beginn des Films zu sehen, zu dem sich der belgische Regisseur Joachim Lafosse von einer Radiomeldung inspirieren liess: Sie berichtete von einer Kindstötung durch die Mutter.
Und am Schluss des Films
«A perdre la raison» geschieht das Ungeheuerliche tatsächlich, ohne dass es der Zuschauer sehen würde. Ein Kind nach dem andern wird von der Mutter Murielle (Emilie Dequenne) im Haus nach oben gerufen, dazu ertönt Joseph Haydns «Stabat Mater». Dann hört man die Worte, die sie am Telefon spricht: «Ich habe etwas Schlimmes getan.»
Es ist eine moderne Variation des griechischen Medea-Mythos. Der Film versucht, das Unerklärliche – eine Mutter tötet ihre Kinder – «über eine fiktive Story zu hinterfragen» (Regisseur Lafosse). Dabei richtet und kommentiert er das Geschehen nicht, weil «man Filme nicht über Ideen dreht, sondern über Menschen».
Die Menschen im Film: Vater Mounir (Tahar Rahim) wurde als Kind vom Arzt André Pinget (Niels Arestrup) angenommen und ein Leben lang gefördert. Pinget bleibt seinem maghrebinischen Schützling gegenüber auch dann grosszügig, als Mounir im höchsten Liebesglück die Lehrerin Murielle heiratet. Pinget bezahlt die Hochzeitsreise und lässt die schnell wachsende junge Familie bei sich wohnen.
Doch Mounir verändert sich, er wirkt zunehmend gereizt und wird laut. Etwas, das Murielle an ihm bislang nicht kannte. Eine heimliche Psychotherapie ist vergeblich. Murielle ist von der Erziehung und der Ehe-Situation überfordert. Sie ist verzweifelt – die Tragödie nimmt ihren Lauf.